Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 101
Der Wunsch, die Haftung zu beschränken, ist vom Gesetz als legitim anerkannt (§ 52 BRAO). Der Anwalt kann seine Haftung folglich durch Vertrag mit dem Mandanten beschränken, muss aber damit rechnen, dass ein Teil der Mandanten mit einer Haftungsbeschränkung nicht einverstanden ist.
Rz. 102
Auf diese Reaktion muss der Anwalt gerade bei den wirtschaftlich bedeutsameren Mandaten gefasst sein. Meist lässt sich dieses Problem durch einen Hinweis auf die Möglichkeit des Abschlusses einer sog. Objektversicherung lösen, wobei mit dem Mandanten die Übernahme der entsprechenden Kosten verhandelt werden kann.
Den meisten Mandanten mit Geschäftserfahrung ist bewusst, dass dem Anwalt wie jedem anderen Vertragspartner Fehler unterlaufen können und sie akzeptieren daher vernünftige Lösungsvorschläge zur Berücksichtigung des beiderseitigen Schutzbedürfnisses, wenn der Anwalt sie über die Möglichkeiten hinreichend aufgeklärt hat. Stimmt der Mandant einer Haftungsbegrenzung zu, stellt sich – vor allem bei vorformulierten Haftungsbeschränkungen – die Frage ihrer Wirksamkeit. Die berufsrechtliche Regelung lautet wie folgt:
Zitat
§ 52 Abs. 1 BRAO
(1) Der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens kann beschränkt werden:
1. |
durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme; |
2. |
durch vorformulierte Vertragsbedingungen für Fälle einfacher Fahrlässigkeit auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht. |
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Für Berufsausübungsgesellschaften gilt Satz 1 entsprechend. |
Zitat
§ 67a Abs. 1 StBerG
(1) Der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens kann beschränkt werden:
1. |
durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme; |
2. |
durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht. |
Zitat
§ 54a Abs. 1 WPO
(1) Der Anspruch des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Wirtschaftsprüfer bestehenden Vertragsverhältnis auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens kann beschränkt werden
1. |
durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Mindesthöhe der Deckungssumme nach § 54 Abs. 1 Satz 2; |
2. |
durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf den vierfachen Betrag der Mindesthöhe der Deckungssumme nach § 54 Abs. 1 Satz 2, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht. |
Der Gesetzgeber lässt in allen Regelungen die zwei abschließend geregelten Möglichkeiten der Haftungs-Summenbegrenzung zu, die Begrenzung der Haftung durch Individualvereinbarung (Abs. 1 Nr. 1) oder durch vorformulierte Vertragsbedingungen (Abs. 1 Nr. 2).
Die Bestimmungen in den jeweiligen Berufsrechten unterscheiden sich erheblich voneinander, was im Falle einer interprofessionellen Kanzlei aus Anwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zahlreiche Rechtsfragen aufwirft.
Die Rechtsprechung hat bisher – seit Inkrafttreten des Gesetzes 1994 – keine Gelegenheit erhalten, sich mit einer dieser Bestimmungen auseinander zu setzen. In der Literatur finden sich inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen, vornehmlich allerdings zu den Angehörigen der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe.
Der Anwalt muss immer damit rechnen, dass ein mit seiner Haftungsbegrenzung befasstes Gericht im konkreten Fall ergebnisorientiert vorgeht und bei Prüfung seiner AGB-Haftung entweder grobe Fahrlässigkeit annimmt oder zu dem Ergebnis kommt, dass hier eine überraschende Klausel oder aber eine unverhältnismäßige Benachteiligung vorliegt.
Rz. 103
Eine vertragliche Haftungsvereinbarung ist nur dann wirksam, wenn sie sich im Rahmen der §§ 307, 309 Nr. 7 und 8 BGB i.V.m. § 52 BRAO hält. § 52 Abs. 1 BRAO steht, sofern es nicht ausschließlich um Anwaltshaftung einer nur aus Rechtsanwälten bestehenden Kanzlei geht, im Kontext mit den entsprechenden Bestimmungen der Angehörigen sozietätsfähiger Berufe.
Rz. 104
§ 52 Abs. 1 BRAO ist als abschließende Regelung zu verstehen, sodass – ungeachtet der §§ 305 ff. BGB – Haftungsausschlüsse daneben nicht zulässig sind. Der Hinweis auf dem Briefbogen, dass eine telefonische Auskunft nur nach schriftlicher Bestätigung verbindlich ist, ist unbeachtlich, wenn eine entsprechende Auskunft erwiesenermaßen erteilt wurde.
1. Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 BRAO
Rz. 105
§ 52 Abs. 1 BRAO betrifft ausschließlich Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis, also in erster Linie solche gem. § 280 BGB (Haftung wegen Pflichtverletzung). Eine Anwendung auf Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer Schutzgesetzverletzung, aus § 826 BGB oder sonstigen spezialgesetzlich g...