Rz. 420
a) Der Fall
Rz. 421
Der klagende Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer machte im Wege des Direktanspruchs gegen den beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer Schadensersatzansprüche aus Halterhaftung (§ 7 Abs. 1 StVG) nach einem Brandereignis geltend.
Rz. 422
Die Klägerin ist der Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer der Firma L. H., die eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt betreibt. Am 12.12.2014 wurde ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Lkw zum Austausch der Hinterreifen und zur TÜV-Untersuchung zur Firma L. H. gebracht. Die Hinterreifen wurden noch am 12.12.2014 ausgetauscht. Die TÜV-Untersuchung war für den nächsten Tag geplant. Der Lkw wurde hierzu im Werkstattgebäude der Firma L. H. über Nacht abgestellt. In der Nacht vom 12. auf den 13.12.2014 entstand ein Brand an dem Lkw, der zu Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden bei der Firma L. H. führte.
Rz. 423
Die Klägerin begehrte – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin für sämtliche Schäden ihrer Versicherungsnehmerin aufgrund des streitgegenständlichen Brandereignisses, soweit ein Anspruchsübergang auf die Klägerin erfolgt ist (§ 86 Abs. 1 VVG).
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 424
Das Schadensgeschehen war auf eine defekte Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zurückzuführen.
Entgegen der Ansicht der Revision war für die Einordnung einer Fahrzeugkomponente als Betriebseinrichtung im Sinne der Senatsrechtsprechung nicht entscheidend, ob die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs auch ohne sie erfüllt werden kann.
Rz. 425
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Brandgeschehen entweder durch Defekte an Kabeln im Motorraum im Bereich des Generators oder durch einen Defekt an einem im Führerhaus des Lkw fest eingebauten Kühlschrank verursacht. Legt man die Maßstäbe der Senatsrechtsprechung zugrunde, dienten im Streitfall beide als Schadensquellen in Betracht kommenden Bauteile des bei der Beklagten versicherten Lkw als Betriebseinrichtungen dessen Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG.
Rz. 426
Entgegen der Ansicht der Revision war für die Einordnung einer Fahrzeugkomponente als Betriebseinrichtung im Sinne der oben dargestellten Grundsätze nicht entscheidend, ob die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs auch ohne sie erfüllt werden kann. Eine solch enge Betrachtungsweise ließe außer Acht, dass insbesondere angesichts der zunehmenden werkseitigen Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Assistenzsystemen, Unterhaltungselektronik und sonstigen den Fahrkomfort steigernden technischen Einrichtungen Gefahren für Dritte von einem Kraftfahrzeug auch aufgrund solcher – defekter – Fahrzeugteile ausgehen können, die zwar nicht für dessen Fortbewegungs- und Transportfunktion zwingend erforderlich, aber dem Betrieb des Fahrzeugs insoweit zu dienen bestimmt sind, als sie dessen Benutzung sicherer, leichter oder komfortabler gestalten sollen. Solche Bauteile als die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG begründende Gefahrenquellen grundsätzlich auszuschließen, wäre unter Berücksichtigung der Entwicklung der Fahrzeugtechnik mit dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG nicht vereinbar, einen weitgehenden Schutz gegen die Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu gewährleisten.
Rz. 427
Dem konnte nicht – wie die Revision meinte – entgegengehalten werden, die Qualifizierung nicht für die Transport- und Fortbewegungsfunktion zwingend erforderlicher Bauteile als Betriebseinrichtungen führe zu Wertungswidersprüchen, weil sie zu einer Gefährdungshaftung für im Fahrzeug installierte Elektrogeräte führen könne, die kein höheres Gefährdungspotential als vergleichbare Geräte außerhalb von Fahrzeugen besäßen, für die keine Gefährdungshaftung gelte. Insoweit lässt sich das von fest in Kraftfahrzeugen eingebauten Geräten ausgehende Gefahrenpotential angesichts ihres wechselnden Standorts und der Einwirkungen, denen sie z.B. durch den Fahrbetrieb, durch Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit ausgesetzt sind, mit der Gefährlichkeit entsprechender stationärer Geräte nicht ohne weiteres vergleichen. Zudem wird der Unterschied im Haftungsregime durch die auf einer typisierenden Einschätzung des Gefahrenpotentials des Betriebs von Kraftfahrzeugen beruhenden Entscheidung des Gesetzgebers für eine hieran anknüpfende Gefährdungshaftung gerechtfertigt. Dass im Einzelfall die vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr nicht höher ist als die von nicht der Gefährdungshaftung unterfallenden Gegenständen, schließt eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG nicht aus.
Rz. 428
War somit eine Haftung der Versicherungsnehmerin der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG dem Grunde nach zu bejahen, lagen auch die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten im Wege des Direktanspruches nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG durch die...