Rz. 430
Zitat
§ 7 Abs. 1 StVG, § 7 Abs. 3 S. 3 StVG
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1 StVG.
Orientierungssatz juris:
Der streitgegenständliche Schaden wurde dadurch verursacht, dass der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Sattelauflieger durch starken Seitenwind gegen den auf demselben Parkplatz abgestellten Pkw der Klägerin geschoben wurde. Es hat sich damit die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Windeinfluss verwirklicht, die durch das Abstellen noch nicht beseitigt war, auch wenn dieses ordnungsgemäß erfolgte. Diese Gefahr wird vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG erfasst, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Unfallverursachung im Verkehrsraum befand. Der notwendige Zusammenhang zwischen dem Betriebsvorgang und der streitgegenständlichen Schadensursache ist dann gegeben, unabhängig davon, ob sich der Anhänger zum Zeitpunkt seiner Verschiebung schon in Bewegung befand oder durch den Wind "in Richtung der Räder" bewegt wurde. Unerheblich ist auch, ob sich der Unfall im privaten oder öffentlichen Verkehrsraum ereignet.
a) Der Fall
Rz. 431
Die Klägerin machte im Wege des Direktanspruchs gegen den beklagten Haftpflichtversicherer Schadensersatzansprüche wegen eines Unfalls geltend, der sich auf dem Parkplatz der Versicherungsnehmerin der Beklagten, der Firma B., ereignete und bei dem der Pkw der Klägerin beschädigt wurde.
Rz. 432
Der Ehemann der Klägerin, der bei der Firma B. als Berufskraftfahrer angestellt war, stellte das Fahrzeug der Klägerin in einem Bereich des Parkplatzes ab, der als Stellplatz für abgekoppelte Sattelauflieger genutzt wurde. Während des Sturmes "Friederike" wurde ein in der Nähe abgestellter, bei der Beklagten haftpflichtversicherter Sattelauflieger durch starken Seitenwind gegen den Pkw der Klägerin geschoben, der dabei einen Totalschaden erlitt.
Rz. 433
Die Klägerin hatte behauptet, der Parkplatz der Firma B. sei auch für Kunden und die Öffentlichkeit frei zugänglich, die Firma dulde zumindest dessen Benutzung durch Mitarbeiter und Dritte. Der schadensursächliche Sattelauflieger sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 434
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen konnte ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des ihr entstandenen Sachschadens gegen die Beklagte aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 7 Abs. 1 StVG nicht verneint werden.
Rz. 435
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG kommt es grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht, was im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden ist. Der Betrieb eines Fahrzeugs dauert fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht. Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, soweit sie dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden. Ziel des Änderungsgesetzes vom 19.7.2002, mit dem die eigenständige Halterhaftung für diese Anhänger eingeführt wurde, war es, für sie in gleicher Weise eine Gefährdungshaftung zu schaffen wie für Kraftfahrzeuge.
Rz. 436
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtlich fehlerhaft war die Auffassung des Berufungsgerichts, nach dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG komme vorliegend eine Haftung nur bei der Verletzung von Sicherungspflichten beim Abstellen des Anhängers in Betracht. Damit verkannte das Berufungsgericht die Reichweite des Haftungsmerkmals "bei dem Betrieb" im Sinne dieser Vorschrift.
Rz. 437
Der streitgegenständliche Schaden wurde dadurch verursacht, dass der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Sattelauflieger durch starken Seitenwind gegen den auf demselben Parkplatz abgestellten Pkw der Klägerin geschoben wurde. Es hat sich damit die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Windeinfluss verwirklicht, die durch das Abstellen noch nicht beseitigt war, auch wenn dieses ordnungsgemäß erfolgte. Diese Gefahr wird im vorliegenden Fall nach den oben dargestellten Grundsätzen vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG erfasst, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Unfallverursachung im Verkehrsraum befand. Anders als die Brandstiftung ist die Beeinflussung von Fahrzeugen – insbesondere mit höheren Aufbauten – durch Seitenwind grundsätzlich eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung erfasst wird. Feststellungen, die im Streitfall eine andere Beurteilung unter dem von der Revisionserwiderung genannten Gesichtspunkt einer U...