Rz. 327
Das Urteil hielt den Angriffen der Revision stand. Der Klägerin war ein etwaiges Mitverschulden des Fahrers des Leasingfahrzeugs oder dessen Betriebsgefahr unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuzurechnen.
Für eine Abwägung nach § 17 Abs. 2 StVG war vorliegend kein Raum, da die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles nicht Halterin des Leasingfahrzeugs gewesen war.
Rz. 328
Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis am Kraftfahrzeug, insbesondere nicht die Frage, wer dessen Eigentümer ist; vielmehr ist maßgebend eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen, in erster Linie wirtschaftlichen Beziehung zum Betrieb des Kraftfahrzeugs im Einzelfall ankommt. Wer danach tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den strengen Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes einstehen soll. Halter eines Leasingfahrzeugs ist demnach bei üblicher Vertragsgestaltung – von deren Vorliegen hier auszugehen war – nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats der Leasingnehmer, nicht jedoch der Leasinggeber, auch wenn diesem das Eigentum verbleibt (Senatsurt. BGHZ 87, 133, 136 und v. 26.11.1985 – VI ZR 149/84, VersR 1986, 169).
Rz. 329
Der erkennende Senat hat aus diesem Grund bereits in seinem Urt. v. 30.3.1965 – VI ZR 257/63 – (VersR 1965, 523) ausgesprochen, dass § 17 StVG nur dann Anwendung findet, wenn auch der Geschädigte nach den Bestimmungen des StVG haftet, und eine Erstreckung auf den nicht haltenden (dort: Sicherungs-) Eigentümer des Kraftfahrzeugs abgelehnt. Daran hielt der Senat auch nach den Änderungen in § 17 Abs. 3 S. 3 StVG durch das 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl I S. 2674) fest. Zwar gilt nach § 17 Abs. 3 S. 3 StVG der Ausschluss der Ersatzpflicht für ein unabwendbares Ereignis auch gegenüber einem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist. Dies wurde in der Literatur teilweise zum Anlass genommen, eine entsprechende Anwendung der Regelungen von § 17 Abs. 1 und 2 StVG auf den nicht haltenden Eigentümer zu fordern. Doch lassen die Gesetzesmaterialien zu dieser Änderung erkennen, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung gerade beim Leasing durchaus bewusst war, jedoch eine Gleichstellung der Haftung nur für den Fall des unabwendbaren Ereignisses erfolgen sollte, um auf diese Weise den "Idealfahrer" davor zu bewahren, vom "Eigentümer des anderen Unfallfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, ohne sich davon befreien zu können" (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.). Mithin war eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG nicht beabsichtigt. Bei dieser Sachlage ist es nicht gerechtfertigt, gegen den eindeutigen Gesetzeswortlaut die auf den Fall des unabwendbaren Ereignisses beschränkte Haftungsgleichstellung von Eigentümer und Halter auf die von § 17 Abs. 1 und 2 StVG erfassten Fälle zu übertragen.
Rz. 330
Die vor der Gesetzesänderung vertretene Auffassung, in § 17 Abs. 1 und 2 BGB sei "bei verständigem Lesen" der nicht haltende Eigentümer miteinzubeziehen, da der historische Gesetzgeber des StVG 1909 stillschweigend vom Regelfall, dass der Halter auch Eigentümer des Fahrzeugs sei, ausgegangen sei, ist jedenfalls angesichts der deutlichen Unterscheidung zwischen Eigentümer und Halter in § 17 Abs. 3 StVG nicht haltbar. Ohnehin begegnete jene Auffassung angesichts der Tatsache, dass sich der historische Gesetzgeber bewusst für eine Anknüpfung der Haftung an den Halter unabhängig von dessen Eigentümerstellung entschieden hat auch zuvor bereits erheblichen Bedenken.
Rz. 331
Eine Zurechnung von Mitverschulden und Betriebsgefahr ist auch nach § 9 StVG im Rahmen der deliktischen Haftung zu verneinen.
Nach dieser Bestimmung finden, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt hat, die Vorschriften des § 254 BGB mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht. Da sich § 9 StVG nur auf Ansprüche eines – selbst nicht nach dem StVG mithaftenden – Geschädigten aus der Gefährdungshaftung bezieht, scheidet eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift auf deliktische Schadensersatzansprüche im Sinne des § 823 BGB aus. Eine Anspruchsminderung wegen Mitverschuldens ist nach dem Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelmäßig nur möglich, wenn die Voraussetzungen des § 254 BGB vorliegen, der im Gegensatz zu § 9 StVG dem Geschädigten das Verschulden desjenigen nicht zurechnet, der die tatsächliche Gewalt über die (beschädigte) Sache ausübt.
Rz...