Rz. 434
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen konnte ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des ihr entstandenen Sachschadens gegen die Beklagte aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 7 Abs. 1 StVG nicht verneint werden.
Rz. 435
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG kommt es grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht, was im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden ist. Der Betrieb eines Fahrzeugs dauert fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht. Diese Grundsätze sind entsprechend auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, soweit sie dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden. Ziel des Änderungsgesetzes vom 19.7.2002, mit dem die eigenständige Halterhaftung für diese Anhänger eingeführt wurde, war es, für sie in gleicher Weise eine Gefährdungshaftung zu schaffen wie für Kraftfahrzeuge.
Rz. 436
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtlich fehlerhaft war die Auffassung des Berufungsgerichts, nach dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG komme vorliegend eine Haftung nur bei der Verletzung von Sicherungspflichten beim Abstellen des Anhängers in Betracht. Damit verkannte das Berufungsgericht die Reichweite des Haftungsmerkmals "bei dem Betrieb" im Sinne dieser Vorschrift.
Rz. 437
Der streitgegenständliche Schaden wurde dadurch verursacht, dass der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Sattelauflieger durch starken Seitenwind gegen den auf demselben Parkplatz abgestellten Pkw der Klägerin geschoben wurde. Es hat sich damit die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Windeinfluss verwirklicht, die durch das Abstellen noch nicht beseitigt war, auch wenn dieses ordnungsgemäß erfolgte. Diese Gefahr wird im vorliegenden Fall nach den oben dargestellten Grundsätzen vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG erfasst, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Unfallverursachung im Verkehrsraum befand. Anders als die Brandstiftung ist die Beeinflussung von Fahrzeugen – insbesondere mit höheren Aufbauten – durch Seitenwind grundsätzlich eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung erfasst wird. Feststellungen, die im Streitfall eine andere Beurteilung unter dem von der Revisionserwiderung genannten Gesichtspunkt einer Unfallverursachung durch höhere Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG rechtfertigen könnten, sind nicht getroffen. Der notwendige Zusammenhang zwischen dem Betriebsvorgang und der streitgegenständlichen Schadensursache ist dann gegeben, unabhängig davon, ob sich der Anhänger zum Zeitpunkt seiner Verschiebung schon in Bewegung befand oder durch den Wind "in Richtung der Räder" bewegt wurde. Unerheblich war vorliegend auch, ob sich der Unfall im privaten oder öffentlichen Verkehrsraum ereignete. Denn nach gefestigter Senatsrechtsprechung erfordert der Betrieb eines Fahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG nicht seinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche.
Rz. 438
Eine Verwirklichung der Betriebsgefahr läge im Streitfall dagegen dann nicht vor, wenn der Anhänger ordnungsgemäß außerhalb jeglichen Verkehrsraums abgestellt worden sein sollte.
Das Berufungsgericht hatte keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich das Unfallereignis innerhalb oder außerhalb des Verkehrsraums ereignete. Aus dem vom Berufungsgericht festgestellten und zur Begründung seiner Ansicht herangezogenen Umstand, dass der Sattelauflieger auf einem hierfür vorgesehenen Stellplatz auf dem Parkplatz der Firma B. abgestellt wurde, ergab sich noch nicht, ob der Anhänger und der Pkw der Klägerin innerhalb oder außerhalb des anderen Verkehrsteilnehmern als der Versicherungsnehmerin der Beklagten zur Verfügung stehenden Verkehrsbereichs abgestellt worden ist. Nach dem somit revisionsrechtlich als zutreffend zu unterstellenden – nach dem Tatbestand des Berufungsurteils streitigen – Sachvortrag der Klägerin, wonach der Parkplatz der Firma B. auch für Kunden und die Öffentlichkeit frei zugänglich gewesen sei und die Firma zumindest dessen Benutzung durch Mitarbeiter und Dritte geduldet habe, Sattelauflieger und Pkw der Klägerin sich also im Bereich von Verkehrsflächen befanden, war der geltend gemachte Sachschaden der Betriebsgefahr des Sattelaufliegers zuzurechnen.