Rz. 460
Die zulässige Revision der Beklagten zu 2 war unbegründet.
Das Berufungsgericht hatte zu Recht Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 1 aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht.
Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-)geprägt worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.
Rz. 461
Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. Senatsurt. v. 5.7.1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 67; v. 23.5.1978 – VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212, 214, und v. 27.5.1975 – VI ZR 95/74, VersR 1975, 945, 946; BGH, Urt. v. 13.12. 1990 – III ZR 14/90, BGHZ 113, 164, 165) oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat (vgl. Senatsurt. v. 2.7.1991 – VI ZR 6/91, BGHZ 115, 84, 87 m.w.N.). Eine Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen sein, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet (vgl. Senatsurt. v. 18.1.2005 – VI ZR 115/04, VersR 2005, 566, 567; BGH, Urt. v. 13.12.1990 – III ZR 14/90, BGHZ 113, 164, 165; vgl. auch OLG Stuttgart, VersR 2003, 1275, 1276; OLG Rostock, DAR 1998, 474, 475).
Rz. 462
Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich des Fahrzeugs mit Arbeitsfunktion gesehen werden. Zwar könnten die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Schäden beim Füllen von Heizungstanks (vgl. Senatsurt. v. 23.5.1978 – VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212; v. 6.6.1978 – VI ZR 156/76, VersR 1978, 840; v. 13.12.1994 – VI ZR 283/93, VersR 1995, 427, 428; BGH, Urt. v. 14.6.1993 – III ZR 135/92, VersR 1993, 1155) und eines Silos (Senatsurt. v. 27.5.1975 – VI ZR 95/74, VersR 1975, 945 f.), in denen die Zuordnung der Schadensentstehung zum Betrieb eines Kraftfahrzeugs verneint worden ist, so verstanden werden, dass das maßgebliche Kriterium der Differenzierung das Stehen oder Fahren des Kraftfahrzeugs während der Arbeitsfunktion darstellt. Dies ist jedoch in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend (vgl. Senatsurt. v. 24.3.2015 – VI ZR 265/14, VersR 2015, 638 Rn 13). Erforderlich ist nämlich stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist.
Rz. 463
Gemessen daran ist eine Verbindung mit dem "Betrieb" des Kraftfahrzeugs i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG beim stehenden Fahrzeug auch dann gegeben, während das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird, und zwar auch dann, wenn das Entladen mit Hilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeugs erfolgt. Daher haftet der Halter auch in diesen Fällen für die Gefahr, die das Kraftfahrzeug beim Entladen in dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum für andere Verkehrsteilnehmer darstellt (Senatsurt. v. 23.5.1978 – VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212, 215 f.). Hierhin fällt nicht nur die Gefahr durch das entladende Kraftfahrzeug als solches, sondern auch diejenige, die von den Entladevorrichtungen und dem Ladegut ausgeht. So hat etwa der Halter eines Tanklastzuges für Unfälle einzustehen, die sich bei der Anlieferung von Öl dadurch ergeben, dass Öl auf die Straße läuft, weil der Schlauch undicht ist, oder jemand über den Auslassschlauch stolpert (Senatsurt. v. 23.5.1978 – VI ZR 150/76, a.a.O., 215; v. 5.7.1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 67).
Rz. 464
Nach diesen Grundsätzen ist bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung de...