Rz. 11
Voraussetzung des Anspruchs ist, dass die Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt konkret und spürbar beeinträchtigt ist (sog. haushaltsspezifische Behinderung im Einzelfall).
Falls bei Geltendmachung des Anspruchs (noch) keine speziellen Erkenntnisse vorliegen, muss die Beeinträchtigung in Form der Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit (MdH) gegebenenfalls noch bei einem ärztlichen Gutachter erfragt werden.
Rz. 12
Abstrakte Grade der Erwerbsminderung (MdE) genügen zur Begründung nicht. Denn die abstrakte MdE bezieht sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und hat keine Aussagekraft für eine Einschränkung bei der Hausarbeit. Auch der Grad der Behinderung (GdB), die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder eine Einstufung nach der sog. Gliedertaxe sind im Rahmen der Begründung eines Haushaltsführungsschadens keine relevanten Werte.
Ein Rückschluss von der MdE auf die MdH wird regelmäßig nur in einer Konstellation von der Rechtsprechung vorgenommen, nämlich dann, wenn eine MdE von unter 20 % vorliegt. Hier wird überwiegend davon ausgegangen, dass ein Haushaltsführungsschaden komplett ausscheidet. Bei einer derart geringen Beeinträchtigung der MdE wird angenommen, dass – gegebenenfalls unter Einsatz technischer Hilfen und Möglichkeiten – eine eventuell verbliebene Einschränkung bei der Haushaltsführung stets kompensiert werden kann.
Rz. 13
Ein bloß allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbstätigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht. Darzulegen und nachzuweisen ist vielmehr im Einzelnen, welche Tätigkeiten, die von dem Geschädigten vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können.
Rz. 14
Deshalb können folgende Entscheidungen auch nur als grobe Anhaltspunkte für die Höhe der zu begründenden MdH gewertet werden. Eine andere Bewertung ist möglich und im Einzelfall sogar wahrscheinlich.
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50 % MdH bei einer Hausfrau, bei der eine HWS-Distorsion, verschiedene Prellungen und eine offene Wunde an einem Finger vorlagen (die MdE hatte hier 100 % betragen). |
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45 % MdH bei Vorliegen einer Kniegelenksverletzung, wegen der sechs Wochen eine Beinschiene getragen werden musste. |
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25 % MdH bei Auftreten einer Ellenbogengelenksschädigung mit Bewegungseinschränkung sowie Verletzung von Ferse/Zehen. |
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10 % MdH bei unfallbedingt verbliebenen Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen, die lediglich bei schweren körperlichen Arbeiten beeinträchtigten; alternativ war kein Arbeiten über dem Kopf mehr möglich. |
Rz. 15
Soweit es um reine psychische Beeinträchtigungen geht, wird die Möglichkeit einer haushaltsspezifischen Behinderung regelmäßig in Frage gestellt. Das OLG Saarbrücken hat hier Folgendes entschieden: Solange die tägliche Arbeit sich in Grenzen hält, stellt die bloße Tatsache, dass die Arbeiten weiterhin möglich sind, aber nunmehr länger dauern, im Zweifel keinen ersatzfähigen Haushaltsführungsschaden dar. Es handelt sich nach Auffassung des Gerichts um eine hinnehmbare Beeinträchtigung, ohne dass die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird. Anders ist natürlich der Fall zu betrachten, wenn neben dieser geistigen Beeinträchtigung zusätzlich eine körperliche Beeinträchtigung – etwa in Form einer das Bewegungsspektrum beeinträchtigenden Schonhaltung – eintritt. Hier dürfte auch nach der Auffassung des OLG Celle ein erstattungsfähiger Haushaltsführungsschaden wieder möglich sein.
Rz. 16
Praxistipp
Zur Geltendmachung eines Haushaltsführungsschadens ist es nicht ausreichend, unter Bezugnahme auf die ärztlich attestierte Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Tabellenwerke zu verweisen. Auch das alleinige Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens genügt nicht. Zur Ermittlung, welche Auswirkungen der Unfall tatsächlich auf die häuslichen Arbeiten hat, ist die konkrete Wohn- und Lebenssituation des Geschädigten vor und nach dem Unfall darzustellen. Erst dann ist die haushaltsspezifische Basis vorhanden, um im Rahmen des § 287 ZPO, gegebenenfalls unter Heranziehung gängiger Tabellenwerke, den unfallbedingten Haushaltsführungsschaden im Einzelfall sachgerecht zu ermitteln.