Leitsatz (amtlich)

1. Die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit hat für den Umfang der konkreten haushaltsspezifischen Behinderung keine Aussagekraft.

2. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens genügt es nicht, pauschal auf das Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann zu verweisen. Vielmehr ist die konkrete Lebenssituation sowohl vor als auch nach dem Unfall darzustellen, um gem. § 287 ZPO ermitteln zu können, nach welchen wesentlichen Auswirkungen auf die Hausarbeit sich der Haushaltsschaden berechnen lässt, weil die Heranziehung gängiger Tabellenwerke nur dann möglich ist, wenn der Verletzte zunächst die haushaltsspezifischen Gegebenheiten seines Einzelfalls konkret darlegt.

 

Normenkette

ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 11.12.2009; Aktenzeichen 4 O 104/09)

 

Tenor

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das am 11.12.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Stade teilweise abgeändert.

Die Klage wird weiter abgewiesen, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, an den Kläger als Gesamtschuldner mehr als 7.280 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.4.2009 zu zahlen.

Im Übrigen werden die beiderseitigen Berufungen zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger 25 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 75 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 32 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 68 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Rechtsmittel beider Parteien sind teilweise begründet. Dies führt im Ergebnis zu einer Reduzierung des von den Beklagten geschuldeten Zahlbetrags auf 7.280 EUR (Erhöhung des Schmerzensgeldes auf 5.000 EUR und des Verdienstausfalls auf 2.280 EUR, hingegen vollständige Klagabweisung wegen des Nutzungsausfalls und des über den vorgerichtlich gezahlten Betrag hinausgehenden Haushaltsführungsschadens), während der titulierte Feststellungsausspruch keiner Abänderung bedurfte.

Im Einzelnen sind hierfür folgende Erwägungen maßgeblich:

1. Schmerzensgeld:

Hinsichtlich des Schmerzensgeldes erweist sich die Berufung des Klägers als begründet. Der Senat hält aufgrund der Verletzungen des Klägers zum Ausgleich der unfallbedingten immateriellen Beeinträchtigungen einen Gesamtbetrag von 9.000 EUR für angemessen, wobei es sich entsprechend dem klägerischen Antrag lediglich um ein Teilschmerzensgeld mit dem nachstehend näher dargestellten Abgeltungsumfang handelt. Insoweit waren deshalb dem Kläger über die vorgerichtlich schon gezahlten 4.000 EUR und die vom LG zuerkannten weiteren 3.000 EUR hinaus zusätzlich noch 2.000 EUR zuzusprechen.

a) Der Senat hat seiner Schmerzensgeldbemessung folgende unfallbedingte Verletzungen und Verletzungsfolgen zugrunde gelegt:

aa) Der Kläger ist durch den Unfall am rechten Kniegelenk verletzt worden. Die Beklagten haben insoweit in ihrer Klagerwiderung unstreitig gestellt, dass er eine hintere Kreuzbandruptur, einen Korbhenkelriss des Innenmeniskushinterhorns, eine Knochenkontusion (d.h. einen Knorpelschaden) am Femurkondylus, eine leichte Innenbandzerrung sowie einen hochgradigen Gelenkerguss erlitten hatte und sich deswegen am 7.2.2008 im Krankenhaus B. einer ambulanten Arthroskopie unterziehen musste, bei der das mediale Meniskushinterhorn refixiert wurde; ferner haben sie zugestanden, dass die Nachbehandlung mit einer hinteren Kreuzband-Orthese für insgesamt 6 Wochen erfolgte.

Aufgrund der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Krankenhauses B. vom 17.3.2010 (Anlage BF 1, Bl. 256 f. d.A.), deren inhaltliche Richtigkeit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt haben, ist außerdem davon auszugehen, dass sich in der Folgezeit nach der ersten Arthroskopie ausgehend von der initialen Hinterhornruptur des Innenmeniskus ein größeres Meniskusganglion bildete, das zu einer schmerzhaften Schwellung über dem inneren Gelenkspalt des rechten Knies führte, weshalb am 7.5.2009 eine erneute Gelenkspiegelung und offene Ganglion-Extirpation erfolgte. Anlässlich dieser Gelenkspiegelung fand sich ein zusätzlicher Knorpelschaden der dorsomedialen Femurkondyle, der angefrischt wurde. Die Kniebeschwerden des Klägers dauerten jedoch an. Kernspintomografische Untersuchungen haben ergeben, dass mittlerweile der Knorpelschaden weiter zugenommen hat und am refixierten Innenmeniskushinterhorn ein Komplexriss mit korrespondierenden Knochenödemen aufgetreten ist. Ausweislich des Attestes vom 17.3.2010 ist die verbliebene hintere Instabilität des Kniegelenks durch das elongiert verheilte hintere Kreuzband und der funktionelle Verlust des Innenmeniskushinterhorns mit korrespondierendem Knorpelschaden als sog. Arthrosemodell zu bewerten, so dass im weiteren Verlauf mit dem vorzeitigen Auftreten eines Kniegelenkverschleißes gerechnet werden muss.

Aufgrund des Attestes ist die Unfallbedingtheit ...

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