Rz. 32
Die Höhe des Unterhalts bemisst sich – anders als im Verletzungsfall – allein nach dem gesetzlich geschuldeten, nicht nach dem tatsächlich gewährten Unterhalt. Grundlage für den Unterhaltsanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB sind die Regelungen des Familienrechts, also §§ 1356 ff. BGB bei Ehegatten und §§ 1601 ff. BGB bei Kindern.
Rz. 33
Der Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht hängt dabei von den sozialen Lebensumständen und den persönlichen Bedürfnissen ab (z.B. Beruf, Einkommen des Ehepartners, Größe und Ausstattung des Hauses). Der gesetzliche Unterhalt im Sinne von § 844 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus Bar- und Naturalunterhalt.
1. Verhältnis von Bar- und Naturalunterhalt (Betreuungsunterhalt)
Rz. 34
Hinsichtlich des Verhältnisses von Bar- und Naturalunterhalt gilt § 1612 Abs. 2 BGB. Es entspricht dabei ständiger Rechtsprechung, dass nach dem modernen Verständnis einer Ehe die Ehegatten frei vereinbaren können, wer und in welchem Umfang durch eine Erwerbstätigkeit den materiellen Unterhalt der Familie sicherstellt, und wer und in welchem Umfang den Haushalt führt. Dabei sind auch Mischformen möglich; regelmäßig trifft man heutzutage auf die Doppelverdienerehe.
Rz. 35
Aus der tatsächlichen Aufteilung der Haushaltsführung kann in der Regel auf eine entsprechende einvernehmliche Regelung der Ehepartner geschlossen werden. Maßgeblich bei Geltendmachung des Anspruchs ist die vor dem Tod praktizierte Art des Unterhalts.
2. Konkrete oder normative Abrechnung
Rz. 36
Verstirbt die den Haushalt (teilweise) führende Person, kommt es mithin auf die Formulierung des Naturalunterhalts (Wegfall der Haushaltsführung) an, ist wie bei den Verletztenfällen danach zu unterscheiden, ob eine Ersatzkraft eingestellt wurde oder nicht.
Rz. 37
Wird eine Ersatzkraft eingestellt, sind gem. § 844 Abs. 2 BGB der Bruttolohn und die Lohnnebenkosten zu ersetzen, soweit die Dienste der Ersatzkraft den gesetzlich geschuldeten Leistungen des getöteten Ehepartners entsprechen. Auch wenn Verwandte die Haushaltsführung gegen Entgelt übernehmen, sind der Berechnung der Ansprüche nicht die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft, sondern die tatsächlichen Kosten des Einsatzes der Verwandten zugrunde zu legen. In jedem Fall muss der Aufwand nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und dem Familienzuschnitt angemessen sein.
Rz. 38
Wird hingegen keine Ersatzkraft eingestellt, sondern der Ausfall durch Mehrarbeit der Hinterbliebenen kompensiert, ist der Schaden fiktiv abzurechnen. Entscheidend ist der Nettolohn einer vergleichbaren Ersatzkraft.
3. Berechnung des Betreuungsunterhalts
Rz. 39
Bei Ausfall des Naturalunterhalts (Betreuungsunterhalts) ist der Unterhaltsberechtigte vom Schädiger finanziell in die Lage zu versetzen, sich in der im Leben üblichen Weise wirtschaftlich gleichwertige Dienste zu verschaffen. Die Berechnung dieser gleichwertigen Dienste erfordert ebenso wie im Verletzungsfall einen nachvollziehbaren, konkreten Vortrag zu den entgehenden Haushaltstätigkeiten, um den Schaden gem. § 287 ZPO feststellen zu können.
Rz. 40
Liegt die Beschreibung des Haushalts und der von der verstorbenen Person vorgenommenen Tätigkeiten vor, ist zunächst – ggf. in Anlehnung (nicht zur alleinigen Begründung, vgl. oben Rdn 9) an Pardey – der wöchentliche Arbeitszeitbedarf zu ermitteln.
Hierbei ist von Bedeutung, dass aufgrund des Todes nur noch von einem sog. reduzierten Haushalt mit einer Person weniger ausgegangen werden kann. Der Anteil der wöchentlichen Haushaltstätigkeit, der auf die Eigenversorgung des getöteten Haushaltsführenden entfiel, ist abzusetzen. Der Ersatzanspruch der hinterbliebenen Unterhaltsgeschädigten erstreckt sich nur auf die Teile der Haushaltsführung, die der Getötete für sie zu erbringen hatte.
Rz. 41
In einem weiteren Schritt ist zu überprüfen, inwieweit die Hinterbliebenen zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet waren. Bei Ehepartnern wird dies regelmäßig davon abhängen, ob und in welchem Umfang der Hinterbliebene berufstätig war. Bei Selbstständigen wird davon ausgegangen, dass neben der Sorge um das eigene Unternehmen für die Hausarbeit regelmäßig keine Zeit bleibt. Eine schon vor dem Unfall vorhandene Haushaltshilfe reduziert den ersatzfähigen Zeitbedarf.
Rz. 42
Kinder sind nach § 1619 BGB zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet. Die Mithilfepflicht beginnt etwa ab dem zwölften Lebensjahr; in der Regel wird man – unabhängig von der Haushaltsgröße und der Anspruchsstufe – von diesem Zeitpunkt an eine Stunde täglich bzw. sieben Stunden wöchentlich je Kind ansetzen können. Abweichungen werden beispielsweise dann angenommen, wenn das Kind ander...