Rz. 268

Der Entzug der elterlichen Vermögenssorge gemäß § 1638 BGB und die zusätzliche Testamentsvollstreckung in Form der Verwaltungsvollstreckung (vgl. § 2209 BGB) widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich. Die Einsetzung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB wegen des Entzugs der elterlichen Vermögenssorge ist in solchem Fall nicht überflüssig,[10] etwa weil das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Nachlass beim Testamentsvollstrecker liegt (§ 2205 BGB). Statt der Eltern oder eines Elternteils obliegt dann nämlich dem (Ergänzungs-)Vermögenspfleger die Entgegennahme des Nachlassverzeichnisses. Eine praktische Entbehrlichkeit des Pflegers[11] gibt es also nicht. Die Gegenansicht,[12] ein Ergänzungspfleger sei überflüssig, achtet bereits zu gering, dass dann niemand vorhanden wäre, dem das Vermögensverzeichnis zu übermitteln ist oder der dieses bei Säumnis des Testamentsvollstreckers anfordert (schon um Unterschlagungen zu verhindern). Oder sollen nun doch die von der Vermögensverwaltung ausgeschlossenen Eltern als gesetzliche Vertreter des minderjährigen Erben ihre Zuziehung zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses gemäß § 2215 Abs. 3 BGB verlangen können? Nein! Ähnliches gilt für die jährliche Rechnungslegung (siehe Rdn 271), die Zustimmung zur Eingehung von Verbindlichkeiten (§ 2206 Abs. 2 BGB), die Verwaltung freigegebenen Vermögens (§ 2217 BGB) sowie die Verwaltung ausgeschütteter Nutzungen des Nachlasses (vgl. § 2216 BGB).

 

Rz. 269

Vielfach befürchten Erblasser, dass minderjährige Erben, über deren Erbteil Testamentsvollstreckung angeordnet ist, die Erbschaft ausschlagen und gemäß § 2306 BGB den Pflichtteil verlangen.

 

Beispiel

Der geschiedene Erblasser hat aus der gescheiterten Ehe zwei minderjährige Kinder. Sein Vermögen besteht aus Geldvermögen und Beteiligungen an Personal- und Aktiengesellschaften. Als vorsichtiger Mann muss er ein Testament machen. Auf keinen Fall will er, dass im Falle seines Todes seine Ex-Frau als Vertreterin der minderjährigen Kinder seinen Nachlass, insbesondere seine Beteiligungen, verwaltet.

Wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung nebst Ersatzregelungen (Vollmachtlösung Rdn 215; Treuhandlösung Rdn 216) bei den Personalgesellschaftsanteilen anordnet, so fürchtet er, dass die Mutter der Kinder als gesetzliche Vertreterin die Erbschaft ausschlägt und für die Kinder den Pflichtteilverlangt, was zum Ruin des Unternehmens führen könnte. Die Genehmigung des Familiengerichts zur Ausschlagung könnte u.a. deshalb zu erlangen sein, weil die Mutter der Kinder anführt, zur Kontrolle des Testamentsvollstreckers nicht in der Lage zu sein. Deshalb sollte der Erblasser besser die Kinder zu Erben einsetzen, der Mutter die Vermögenssorge hinsichtlich des Nachlasses entziehen (§ 1638 BGB); dann kann sie nicht die Erbschaft ausschlagen. Er sollte (neben der Testamentsvollstreckung) eine ihm genehme Person als Ergänzungspfleger/Vermögenspfleger vorschlagen (§§ 1909, 1917 BGB). Dieser Vermögenspfleger verwaltet den Erbteil der Kinder bis zu deren Volljährigkeit und ist keinen Weisungen von deren Mutter unterworfen (eingehend Rdn 141 ff.). Seine Hauptaufgabe ist die Überwachung des Testamentsvollstreckers.

[10] Vgl. BGH NJW 1989, 984; KGJ 38, 69; KGJ 48, 141; Rostock JFG 2, 132; Frankfurt MDR 1966, 414; Soergel/Löhnig, BGB, 13. Aufl., § 1638 Rn 9; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1909 Rn 8.
[11] Erman/Schmidt, BGB, 15. Aufl., § 2209 Rn 2.
[12] Staudinger/Reimann, BGB, 2016, § 2209 Rn 8; MüKo/Zimmermann, BGB, 7. Aufl., § 2209 Rn 5.

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