Dr. iur. Sebastian Berkefeld
Rz. 7
Aus Gründen der Rechtssicherheit müssen die erbrechtlichen Verhältnisse mit Eintritt des Erbfalls feststehen. Nicht unumstritten ist daher, ob ein Erbverzicht – der grundsätzlich auch bedingt abgeschlossen werden kann – dahingehend möglich ist, dass die aufschiebende Bedingung für seine Wirksamkeit auch erst nach dem Erbfall eintritt. Jedoch wird dies von der ganz h.M. bejaht. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen zur sog. konstruktiven Nacherbfolge (§§ 2104, 2105 BGB). Bis zum Bedingungseintritt sind die Verzichtenden Vorerben, danach bestimmt sich die Erbfolge unter Berücksichtigung der Wirksamkeit des Erbverzichts. Dies steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass ein Erbverzicht nur zu Lebzeiten des Erblassers geschlossen werden kann und bis zum Eintritt des Erbfalls auch wirksam geworden sein muss. Denn im Fall der Vereinbarung einer solchen Bedingung existiert zum Zeitpunkt des Todes bereits ein wirksames Rechtsgeschäft, lediglich der Eintritt der Rechtsfolgen desselben ist bis zum Eintritt der Bedingung aufgeschoben.
Rz. 8
Das OLG Celle schränkt dies in seinem Beschl. v. 4.3.2004 ein: Ein Bedingungseintritt könne dann nicht mehr eintreten, wenn sich kein Wille des Erblassers feststellen lässt, dass die Wirksamkeit der Bedingung der Verzichtserklärung der Geschwister auch noch nach dem Tode des Erblassers eintreten kann. Das OLG rechtfertigt dies damit, dass eine Vor- und Nacherbfolge gem. § 2100 BGB stets auf dem Willen des Erblassers beruhen muss. Dies gelte auch für die in §§ 2104, 2105 BGB vorgesehene konstruktive Nacherbfolge; auch hier müsse von dem Erblasser angeordnet sein, dass der Erbe entweder nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis sein Erbe sein soll oder die Erbschaft erst ab Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses eintreten soll. Entspricht die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft dagegen nicht dem Willen des Erblassers, kann auf die Konstruktion einer Vor- und Nacherbfolge nicht zurückgegriffen werden. Im konkreten Fall ging es darum, dass aufschiebende Bedingung für den Erbverzicht war, dass andere Geschwister des Verzichtenden auf Abfindungsansprüche aus §§ 12, 13 HöfeO verzichtet haben, um den übergebenen Hof vor solchen Ansprüchen zu schützen. Die entsprechenden Verzichte wurden allerdings erst nach Eintritt des Erbfalls erklärt. Obgleich die Vertragsklausel keine Frist aufwies, sollte nach Ansicht des OLG Celle die Klärung der erbrechtlichen Verhältnisse entsprechend der Interessenlage der Vertragschließenden möglichst bald erfolgen; auf keinen Fall hätten die Übergeber bezweckt, dass die Erbfolge nach ihrem Tode in der Schwebe sein sollte.
Praxishinweis
Besteht bei aufschiebend bedingten Erbverzichten die Möglichkeit, dass der Bedingungseintritt erst nach dem Erbfall eintritt (was faktisch nie auszuschließen ist), so sollte daher formuliert werden, dass auch dann der Erbverzicht wirksam werden kann.
Checkliste: Erb- und Pflichtteilsverzicht
1. Auswahl: Erbverzicht oder Pflichtteilsverzicht?
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Der Pflichtteilsverzicht beseitigt zwar das Pflichtteilsrecht, ändert aber die gesetzliche Erbfolge nicht → Es ist zusätzlich eine Verfügung von Todes wegen erforderlich. |
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Der Erbverzicht bewirkt eine irreparable Erhöhung des Pflichtteils der anderen Pflichtteilsberechtigten. |
2. Gegenstand des Verzichts
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Erbverzicht: Gesetzliches Erbrecht, evtl. nur Quote hiervon; Verzicht auf Zuwendung ist Zuwendungsverzicht nach § 2325 BGB; gegenständliche Beschränkung ist beim Erbverzicht nicht möglich! |
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Pflichtteilsverzicht: Ganz oder beschränkt, und zwar quotal, gegenständlich oder auch nur bezüglich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs möglich. |
3. Kausalgeschäft
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unentgeltlich |
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entgeltlich:
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Abfindung durch wen? |
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Sicherung der Abfindungserbringung: entsprechend aufschiebend/auflösend bedingter Verzicht oder Rücktrittsrecht vom Grundgeschäft |
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4. Formfragen
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notarielle Beurkundung (§ 2348 BGB) auch für das Kausalgeschäft |
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sukzessive Beurkundung durch Angebot und Annahme möglich |
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grds. keine Vertretung des Erblassers (§ 2347 Abs. 2 S. 1 BGB; Ausnahme bei fehlender Geschäftsfähigkeit), jedoch des Verzichtenden |
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Verzicht muss noch zu Lebzeiten des Erblassers wirksam werden |
5. Fernwirkungen des Verzichts
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Erstreckung auf Abkömmlinge (§ 2349 BGB) |
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keine Erstreckung des Erbverzichts auf Zuwendungen durch Verfügungen von Todes wegen |
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keine Erstreckung auf Zugewinnausgleichsansprüche nach den §§ 1371 Abs. 2, 1373 ff. BGB |
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führt nach h.M. zum Erlöschen des nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegen die Erben des Unterhaltsschuldners (§ 1586b BGB) |