a) Geringe Anforderungen
Rz. 80
Voraussetzung ist des Weiteren, dass die Behörde mit zumutbaren Mitteln versucht hat, den Verantwortlichen zu ermitteln (BVerwG NJW 1988, 1104; VG des Saarlandes zfs 1995, 158; Hess. VGH zfs 2014, 418). Nicht notwendig sind wahllos durchzuführende, zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen (BVerwG VRS 64, 466). Nach Auffassung des Niedersächsischen OVG (zfs 2005, 269) und des VGH München (NZV 2019, 318) sollen weitere Ermittlungen bereits dann entbehrlich sein, wenn der Halter den unstreitig erhaltenen - Anhörungsbogen nicht zurückgeschickt hat. Das VG Trier (DAR 2015, 221) verlangt in Fällen, in denen ein Firmenfahrzeug betroffen ist, zumindest die Befragung des Geschäftsführers.
Dagegen sollen weitere Ermittlungen auch dann nicht erforderlich sein, wenn sich in der Akte ein Fahrerfoto befindet (Nds. OVG zfs 2007, 119) oder sich der Halter auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft (BVerwG zfs 2000, 367; Nds. OVG zfs 2007, 118). Das gilt gleichermaßen, wenn sich ein Geschäftsführer der Halterfirma auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft und weitere Befragungen am Sitz der Firma erfolglos geblieben sind (BayVGH zfs 2015, 476). Weder soll die Behörde im Internet nachforschen müssen (BayVGH zfs 2015, 476), noch ermitteln müssen, ob es weitere Geschäftsführer gibt (Nds. OVG NZV 2013, 256).
Auf jeden Fall kommt es für die Beurteilung der Frage, ob der Fahrer mit hinreichender Sicherheit zu identifizieren sein wird, zumindest so lange allein auf die Beurteilung der Behörde an, wie sich ihr die Täterschaft nicht hätte aufdrängen müssen (Nds. OVG zfs 2013, 236).
Rz. 81
Achtung: Benennung eines aussageverweigerungsberechtigten Verwandten
Das gilt jedoch nicht, wenn der Halter einen zur Aussageverweigerung berechtigten Verwandten als verantwortlichen Fahrer angibt. Dann kann die Verwaltungsbehörde nicht bereits im Hinblick auf eine mögliche Berufung auf das Aussageverweigerungsrecht auf eine Befragung des Verwandten verzichten (VGH Bad.-Württ. zfs 2007, 595).
Rz. 82
Nach einer Mindermeinung soll es dagegen noch nicht einmal erforderlich sein, in der Nachbarschaft unter Vorlage des in den Akten befindlichen Radarfotos weitere Ermittlungen anzustellen (VG Mainz zfs 2006, 302) oder ein Passfoto anzufordern, um es mit dem Fahrerfoto abzugleichen (Nds. OVG zfs 2009, 599) bzw. den Halter, der im Anhörungsbogen keine Angaben zur Sache gemacht hat, als Zeugen zu vernehmen (VGH Bad.-Württ. zfs 2000, 178; VGH München NZV 2019, 318; a.A. VGH Bad.-Württ. zfs 2009, 596; BayVG Würzburg zfs 2010, 480; VG Oldenburg zfs 2013, 415).
b) Relativ geringe Anforderungen
Rz. 83
Das Bundesverwaltungsgericht (zfs 1992, 286) und das OVG NRW (zfs 1992, 250) stellen relativ geringe Anforderungen an die durchzuführende Ermittlungstätigkeit.
Rz. 84
Tipp: Hohe Anforderungen
Erheblich höhere Anforderungen stellen dagegen das VG Dresden (DAR 1994, 128) und das VG des Saarlandes (zfs 1995, 158). Das gilt vor allem bei einem "Praxisfahrzeug", das nach Angaben des Halters auch von mehreren Mitarbeitern gefahren wird (VG Osnabrück zfs 1997, 159). Außerdem muss dann, wenn (z.B. aufgrund des Fahrerfotos) feststeht, dass der Halter nicht der Fahrer war, dieser als Zeuge gehört werden (VG Oldenburg zfs 2013, 415), gegebenenfalls muss auch der Beifahrer als Zeuge gehört werden (BayVGH zfs 2016, 297).