Rz. 26
Gerade vor dem Hintergrund komplizierter baurechtlicher Sachverhalte, die nicht selten in Klageschriften von Leitzordnerstärke ihren Ausdruck finden, gefolgt von vielen Anlagenordnern, muss angesichts der regelmäßig unzureichenden Ausstattung der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit personellen Ressourcen die Frage nach einer alternativen Streitbeilegung aufgeworfen werden. Zurzeit wird die Adjudikation stark diskutiert. Hier wird ein für das Britische Rechtssystem entwickeltes Verfahren zum Vorbild genommen. Ein häufig schon im Vorfeld des Bauvorhabens besetzter Spruchkörper soll im Streitfall binnen sehr knapper Frist ab Anrufung eine vorläufige Entscheidung treffen. Diese kann nach Abschluss des Bauvorhabens vor einem ordentlichen Gericht oder Schiedsgericht angegriffen werden. Auf diese Weise kehrt jedenfalls vorübergehend Ruhe auf der Baustelle ein. Gegen ein solches Verfahren kann eingewandt werden, dass es den Angreifer, der mit sehr viel mehr Ruhe seinen Schriftsatz fertigen kann, bevorzugt. Der Angegriffene muss in sehr knapper Frist seine Verteidigung organisieren. Darüber hinaus ist die verfassungsrechtliche Frage nach dem gesetzlichen Richter noch nicht hinreichend geklärt.
Demgegenüber hat das schiedsgerichtliche Verfahren seine Praxistauglichkeit schon bewiesen. Ein nicht nach Beziehungen, sondern Qualität der Schiedsrichter ausgesuchtes Schiedsgericht ist in aller Regel der ordentlichen Gerichtsbarkeit überlegen. Streitigkeiten werden kompetent, schnell und lautlos erledigt. Es ist natürlich auch teurer als ein Prozess, der nur in einer Instanz entschieden wird. Ist jedoch damit zu rechnen, dass sich das ordentliche Verfahren über mehr als eine Instanz ziehen wird, spielt die Kostenfrage keine Rolle mehr bei der Entscheidung für ein Schiedsgericht. Trotz der eigentlich überwiegenden Vorteile des Schiedsverfahrens stellt sich das Problem des Einbezugs Dritter. Da das schiedsgerichtliche Verfahren auf einer vertraglichen Absprache beruht, kann die Entscheidung nur diejenigen binden, die die konkrete Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben. Deshalb ist eine Streitverkündung im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht möglich. Alternativ kann man versuchen, alle Baubeteiligten in eine umfassende Schiedsgerichtsvereinbarung einzubinden. Dies ist mit erheblichem Aufwand verbunden und lohnt sich eigentlich nur bei Großbauvorhaben.
Rz. 27
Muster 10.6: GU-Vertrag – Schiedsgerichtsklausel
Muster 10.6: GU-Vertrag – Schiedsgerichtsklausel
Für Streitigkeiten aus diesem GU-Vertrag ist ein Schiedsgericht zuständig. Liegt der Streitwert unter 150.000 EUR, so kann abweichend ein ordentliches Gericht angerufen werden, es sei denn, beide Parteien bekunden innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch die jeweils andere Partei schriftlich, auch für dieses Verfahren an der Schiedsabrede festhalten zu wollen. Ist ein Schiedsverfahren noch nicht anhängig, so können Eilverfahren (Arrest, einstweilige Verfügung, Beweissicherung) auch vor ordentlichen Gerichten durchgeführt werden.
Das Schiedsverfahren wird durch eine besondere Vereinbarung geregelt.
Haben die Parteien sich wirksam auf ein Schiedsgericht verständigt, sonst jedoch keine weiteren Vereinbarungen getroffen, ergeben sich die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und das Verfahren aus den §§ 1025 ff. ZPO. Es kann sinnvoll sein, auf eine bereitliegende Verfahrensordnung (SOBau, SGOBau, DIS) zu verweisen. Zwingend ist dies jedoch nicht. Im Übrigen wird wegen des Schiedsverfahrens auf das Kapitel "Schiedsgerichtsbarkeit" verwiesen.