Rz. 45

Der Schiedsgutachter soll zwischen den Parteien verbindlich einen Sachverhalt feststellen. Insoweit ist er vom Schiedsrichter abzugrenzen. Der Schiedsrichter entscheidet einen Fall unter allen in Betracht kommenden Rechtsaspekten und unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges.[70] Demgegenüber obliegt dem Schiedsgutachter die Feststellung von Leistungen und Elementen einzelner Rechtssätze. Typischerweise gibt dieser Sachverhalt den Parteien die Grundlage für eine vorzunehmende Subsumtion. Die Entscheidung eines Rechtsstreits, wenn er nicht durch das Schiedsgutachten gerade vermieden wird, obliegt jedoch letztlich dem Gericht, das auch ein Schiedsgericht sein kann.

Es würde allerdings zu kurz greifen, dem Schiedsgutachter nur die Entscheidung von Tatsachenfragen zuzuweisen. Insbesondere im Baurecht kommt dem Schiedsgutachter auch eine rechtliche Aufgabe zu, die in beschränktem Maße die Subsumtion unter Rechtsbegriffe mit sich bringt.[71] Wird ihm bspw. die Frage gestellt, ob Mängel vorliegen, so ist eine Subsumtion der Ist-Beschaffenheit unter die Soll-Beschaffenheit und damit letztlich in beschränktem Maße eine Vertragsauslegung erforderlich. Bei der Frage, ob die Abnahme verweigert werden darf oder ob die Nachbesserung unzumutbar ist, sind ebenfalls rechtliche Wertungen zu treffen. Diese beziehen sich jedoch nur auf einzelne Elemente einer Rechtsbeziehung.

[70] Vgl. zu letzterem Aspekt OLG Hamm BauR 2009, 540, 541.
[71] Vgl. BGH NJW 1975, 1556 f.; BGH BauR 2006, 555, 556.

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