Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 630
Der eingeforderte Betrag muss mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrages (Nennbetrag oder anteiliger Betrag des Grundkapitals) und 100 % des Agios umfassen (§§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 1 AktG), und zwar auf jede Aktie. Gleiches gilt im Fall der Einpersonengründung. Eine zusätzliche Sicherheitsleistung muss– anders als früher – nicht erbracht werden. Legt die Satzung einen höheren Einzahlungsbetrag fest, muss dieser höhere Betrag vor der Handelsregisteranmeldung geleistet werden. Eine Festsetzung unterhalb des geringsten Ausgabebetrages führt zur Nichtigkeit. Soll ein etwaiges Agio nicht vollständig vor der Anmeldung geleistet werden, kann ein korporatives Aufgeld nicht vereinbart werden. Als Alternativgestaltung möglich ist die Vereinbarung eines sog. schuldrechtlichen Agios i.S.e. "investors agreement". Im Registerverfahren ist nachzuweisen, dass es sich dabei um eine schuldrechtliche Nebenabrede handelt. Bei der Gründung wird dieses schuldrechtliche Agio unter den Gründern vereinbart, nicht aber mit der AG.
Rz. 631
Schuldtilgende Wirkung haben nicht nur diejenigen Leistungen, die die Gründer auf entsprechende Anforderung des Vorstands bzw. aufgrund entsprechender Satzungsgrundlage auf die Einlageverbindlichkeit erbringen. Vielmehr gilt dies auch für sog. freiwillige Mehrleistungen. Dabei kommt es darauf an, ob diese freiwilligen Mehrleistungen noch im Eintragungszeitpunkt der Gesellschaft gegenständlich oder wertmäßig im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind oder aber – sofern die Einlage bereits verbraucht ist – die Gründer etwaige Fehlbeträge i.R.d. Unterbilanzhaftung ausgleichen müssen. Da eine solche Unterbilanzhaftung aber alle Aktionäre gleichmäßig trifft, soll weitere Voraussetzung der schuldtilgenden Wirkung von freiwilligen Mehrleistungen sein, dass alle Gründer damit einverstanden sind oder zumindest der Aufnahme des Geschäftsbetriebs vor Eintragung der Gesellschaft zugestimmt haben.
Rz. 632
Die Zahlung noch offener Einlagebeträge über den Mindesteinlagebetrag erfolgt nach Aufforderung durch den Vorstand. Enthält die Satzung keine abweichenden Regeln, ist die Aufforderung im Bundesanzeiger bekannt zu machen (§§ 63 Abs. 1 Satz 2, 25 AktG).
Rz. 633
Zu § 63 AktG wird einhellig vertreten, dass ohne Aufforderung durch den Vorstand die noch offene Einlageverpflichtung nicht fällig werden könne. § 271 Abs. 1 BGB gelte nicht, denn andernfalls könnte der Aktionär auch gegen den Willen der AG Einfluss auf den Umfang seiner Gewinnbeteiligung (§ 60 Abs. 2 AktG) und seines Stimmrechts (§ 134 Abs. 2 AktG) nehmen. Erst die Aufforderung zur Zahlung begründe daher die Erfüllbarkeit der Einlageschuld.
Rz. 634
Dieser Ansicht ist im Hinblick auf die Regelungen zur Gewinnbeteiligung (§ 60 Abs. 2 AktG) und zum Stimmrecht (§ 134 Abs. 2 AktG) zuzustimmen. Davon zu trennen ist jedoch die Frage der Erfüllbarkeit der Einlageforderung. Wenn freiwillige Mehrleistungen mit Zustimmung der übrigen Gründer erfolgen, kommt es für die Erfüllungswirkung der freiwilligen Mehrleistungen nicht auf eine Aufforderung durch den Vorstand nach § 63 AktG an.