Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 108
Das OLG Stuttgart stellt den Mantelkauf bzgl. der Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG einer Neugründung gleich. Wird für die Gründung einer GmbH der Mantel einer vermögenslosen GmbH verwendet und mit der Unternehmenstätigkeit vor Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister begonnen, so soll der für die Gesellschaft Handelnde analog § 11 Abs. 2 GmbHG haften. Bei der Mantelverwendung bestehe zwar – anders als bei der Gründung – bereits eine eingetragene GmbH. Dies sei aber nicht die Gesellschaft in deren Namen der Handelnde auftrete und mit der der Geschäftspartner abschließen wolle. Insofern bestehe hier zwar nicht formelle, aber materielle Gleichheit mit einer rechtlichen und wirtschaftlichen Neugründung. Auch die Druck- und Sanktionsfunktionen des § 11 Abs. 2 GmbHG, ein Handeln im Namen der noch nicht eingetragenen Gesellschaft zu unterbinden und den Geschäftsführer zur alsbaldigen Herbeiführung der Eintragung anzuhalten, greife hier. § 11 Abs. 2 GmbHG biete auch einen Ausgleich für die noch fehlende registergerichtliche Prüfung. Diesbezüglich gefährde die Mantelverwendung die Gläubiger mindestens ebenso wie eine rechtliche Neugründung.
Ebenso hat das KG entschieden, dass der Geschäftsführer einer durch Mantelkauf und Mantelverwertung gegründeten GmbH, die mit der Unternehmenstätigkeit beginnt bevor die Satzungsänderungen im Handelsregister eingetragen sind, in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 2 GmbHG für die namens der Gesellschaft eingegangenen Verpflichtungen haftet. Dies hat der BGH bejaht: bei wirtschaftlicher Neugründung oder bei Aktivierung eines leeren "GmbH-Mantels" kommt eine Handelndenhaftung analog § 11 Abs. 2 GmbHG dann, aber auch nur dann, in Betracht, wenn ohne Zustimmung aller Gesellschafter die Geschäfte vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen werden.
Auch diese Haftungsausdehnung wird in der Lit. kritisch betrachtet. So seien gerade mit der analogen Anwendung der Haftungsvorschriften die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten und dies verfassungsrechtlich bedenklich. Es fehle an einer planwidrigen Lücke, die überhaupt erst eine analoge Anwendbarkeit rechtfertigen würde. Für die Handelndenhaftung wird dagegen angeführt, dass diese einen Ausgleich dafür zu schaffen suche, dass bei einer Vor-GmbH die Kapitalgrundlage noch nicht derart abgesichert sei wie bei einer eingetragenen GmbH. Zu diesem Zeitpunkt habe die registergerichtliche Kontrolle schließlich noch nicht stattgefunden.