Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2265
Kommanditaktionär wird man entweder bei der Gründung, durch Übernahme bzw. durch Übertragung von Aktien von einem anderen oder durch die Übernahme von Aktien bei einer Kapitalerhöhung. Auch die persönlich haftenden Gesellschafter können Aktionäre sein.
Rz. 2266
Die Rechtsstellung der Kommanditaktionäre bemisst sich gem. § 278 Abs. 3 AktG nach den Vorschriften des AktG, soweit sich nicht aus den Sondervorschriften über die KGaA etwas anderes ergibt. Sie haften nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Anders als bei der AG beschließen die Kommanditaktionäre in der Hauptversammlung über den Jahresabschluss (§ 286 Abs. 1 Satz 1 AktG). I.Ü. gilt für die Rechte der Kommanditaktionäre das Recht der KG nur i.R.d. § 278 Abs. 2 AktG, also im Verhältnis zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der Gesamtheit der Kommanditaktionäre. Bei der "Gesamtheit der Kommanditaktionäre" handelt es sich nicht um ein besonderes Verbandsverhältnis, das aktiv und passiv parteifähig ist. Die Rechte der Gesamtheit der Kommanditaktionäre werden in der "Hauptversammlung" wahrgenommen. Dies sind die ihr durch das Aktienrecht zugewiesenen Rechte und die den Kommanditisten in der KG zustehenden Rechte. Vertreten wird die Gesamtheit der Kommanditaktionäre durch den Aufsichtsrat (§ 287 AktG).
Rz. 2267
In der Hauptversammlung haben die Kommanditaktionäre alle Rechte eines Aktionärs. Das Auskunftsrecht reicht allerdings weiter als in der AG. Da die Kommanditaktionäre in der KGaA auch über den Jahresabschluss beschließen (§ 286 AktG), gelten die Auskunftsverweigerungsrechte bzgl. stiller Reserven (§ 131 Abs. 3 Nr. 4 AktG) und bzgl. der Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden (§ 131 Abs. 3 Nr. 4 AktG) nicht. Das Auskunftsrecht erstreckt sich ebenso auf die Höhe des auf die Vermögenseinlagen der Komplementäre entfallenden Ergebnisses sowie auf die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter und deren Berechnungen. In der atypischen KGaA umfasst der Auskunftsanspruch auch Angelegenheiten der Komplementärgesellschaft.
Rz. 2268
Für Beschlussmängel gelten die §§ 241 AktG. An die Stelle des Vorstandes treten die geschäftsführungsbefugten Komplementäre. Klagegegner ist die KGaA.
Rz. 2269
Der Umfang der Rechte der Kommanditaktionäre in Geschäftsführungsfragen richtet sich danach, inwieweit die Gesellschaft von der Gestaltungsfreiheit nach § 278 Abs. 2 AktG Gebrauch macht. Nach § 164 HGB können die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Kommanditisten außergewöhnlichen Handlungen der persönlich haftenden Gesellschafter widersprechen. § 164 HGB kann nach § 163 HGB im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt bzw. ganz ausgeschlossen werden.
Rz. 2270
Schließt die Satzung der KGaA dieses Recht des § 164 HGB nicht aus, steht das Widerspruchsrecht nicht dem einzelnen Kommanditaktionär zu, sondern der Gesamtheit der Kommanditaktionäre. Außergewöhnliche Geschäfte können hiernach nur dann vorgenommen werden, wenn die Hauptversammlung nicht widerspricht bzw. dem zustimmt.
Hinweis
Nach einer Ansicht soll die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH auf der Ebene der KGaA ein außergewöhnliches Geschäft darstellen. Diese ist abzulehnen, da es sich dabei um eine innergesellschaftliche Maßnahme in der Komplementärgesellschaft handelt.
Rz. 2271
Ist eine Kapitalgesellschaft oder eine GmbH & Co. KG persönlich haftender Gesellschafter bei einer KGaA, ist str., ob dieses Recht auf Zustimmung der Hauptversammlung zu außergewöhnlichen Maßnahmen ebenso wie bei der gesetzestypischen KGaA abbedungen werden kann. Der gänzliche Ausschluss des Widerspruchsrechts nach § 164 HGB bei einer KGaA, bei der persönlich haftender Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist, ist bedenklich. Über die starke Stellung des Komplementärs und die nach dem AktG in der KGaA ggü. der AG eingeschränkten Befugnisse des Aufsichtsrates besteht die Gefahr einer rechtlich unzulässigen Minderheitenherrschaft.
Rz. 2272
Nach einer Ansicht ist der Ausschluss des Widerspruchsrechts der Kommanditisten bei einer Publikums-KGaA jedenfalls dann möglich, wenn dieses Recht auf den Aufsichtsrat übertragen ist.
Rz. 2273
Geht es um Grundlagenbeschlüsse, ist nach a.A. die Zustimmung der Hauptversammlung auch dann erforderlich, wenn das bloße Zustimmungsrecht des § 164 HGB auf den Aufsichtsrat übertragen ist. Eine Ausnahme besteht jedoch i.R.d. Satzungsautonomie im Bereich des § 278 Abs. 2 AktG. Dort kann die Zustimmung zu Grundlagenbeschlüssen bereits durch die Satzung antizipiert und damit die Mitwirkung der Hauptversammlung vermieden werden. Eine solche antizipierte Zustimmung setzt aber eine Satzungsbestimmung voraus, die im Fall der Vermögensübertragung auch deren Voraussetzungen eindeutig regelt. Im Ergebnis gelten dieselben Grundsätze wie bei der Frage der Zulässigkeit von Mehrheitsentscheidungen im Personengesellschaftsrecht. Grundlegend ist die Otto-Entscheidung des BGH.
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