Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1441
Kernstück ist der neu eingeführte § 118a AktG. Dieser enthält eine Definition der virtuellen Hauptversammlung als eine Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung. Weiter regelt die Bestimmung die grds. Zulässigkeit der virtuellen Hauptversammlung und nennt verschiedene Mindestvoraussetzungen.
Die Vorschrift ermöglicht die Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung als Alternative zur Präsenz- und zur Hybridversammlung. Künftig gibt es also drei Möglichkeiten für die Durchführung einer Hauptversammlung:
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Hauptversammlung als Präsenzveranstaltung (wie bisher), |
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Hybride Hauptversammlung als Präsenzhauptversammlung mit der Möglichkeit der Online-Teilnahme oder der Briefwahl gem. §§ 118 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 118 Abs. 2 AktG (wie bisher), |
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Virtuelle Hauptversammlung, bei der das Recht auf physische Präsenz der Aktionäre ausgeschlossen ist. |
Rz. 1442
Eine hybride Hauptversammlung außerhalb der schon bestehenden Regelungen des § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG, bei der z.B. Aktionäre mit einer bestimmten Beteiligungsquote ein Recht auf physische Präsenz in der Hauptversammlung haben, andere dagegen nicht, ist ausdrücklich nicht gestattet.
Rz. 1443
Grundlage einer virtuellen Hauptversammlung ist eine stets nur befristet geltende Regelung in der Satzung der Gesellschaft. Zwingend ist weiter die vollständige Bild- und Tonübertragung der gesamten Hauptversammlung. Zudem muss den Aktionären die Ausübung aller Rechte, die im Vorfeld oder in der Versammlung selbst zu gewährleisten sind, im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht werden. Auf der anderen Seite können die Aktionäre die Rechte auch grds. nur in dieser Form ausüben. Dies betrifft das Stimmrecht, das Antragsrecht, das Auskunftsrecht, das Rederecht und die Möglichkeit zur Widerspruchseinlegung. Eine Zwei-Wege-Direktverbindung ist dafür grds. nicht erforderlich. Eine solche Zwei-Wege-Direktverbindung ist jedoch bei der Gewährung des Rederechts als bei der Gewährung des Rechts, Anträge und Wahlvorschläge zu stellen, vorgeschrieben (§ 118a Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 5 AktG).
Rz. 1444
Weiter enthalten die neuen Vorschriften Regelungen für eine Vorverlagerung der Informations- und Entscheidungsprozesse vor die Hauptversammlung. Dies umfasst einmal die Möglichkeit für die Aktionäre, vor der Versammlung Stellungnahmen zur Tagesordnung abzugeben (§ 130a AktG). Ebenso kann der Vorstand vorgeben, dass Fragen der Aktionäre bis spätestens drei Tage vor der Versammlung einzureichen sind. Dann müssen diese Fragen aber auch allen Aktionären noch vor der Hauptversammlung bekannt gegeben und auch beantwortet werden. Ebenso muss in diesem Fall der Vorstandsbericht oder dessen wesentlicher Inhalt vorab veröffentlicht werden.
Rz. 1445
Das Rede- und Fragerecht in der Hauptversammlung selbst bleibt auch im virtuellen Format erhalten. Nachfragen können von allen Aktionären während der virtuellen Hauptversammlung gestellt werden.