Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
a) Gründereigenschaft
Rz. 2048
Natürliche Personen sind gänzlich von der Beteiligung an der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) ausgeschlossen. Nach der Gründung der Europäischen Gesellschaft (SE) können sie sich allerdings an dieser beteiligen.
Den Kreis der an der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) beteiligungsfähigen Gründer legt die SE-VO abschließend fest. So können sich an der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung lediglich AG beteiligen, während sich bspw. an der Gründung einer Holding-SE auch GmbHs beteiligen können.
Hinweis
Eine Europäische Gesellschaft (SE) ist gem. Art. 10 SE-VO wie eine AG, die nach nationalem Recht gegründet worden ist, zu behandeln. Daher kann auch eine Europäische Gesellschaft (SE) an der Gründung einer SE wie eine nationale AG teilnehmen.
b) Mehrstaatlicher Bezug
Rz. 2049
Als Voraussetzung für die Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) verlangt die Verordnung bei allen Gründungsvarianten einen mehrstaatlichen Bezug der Gründungsgesellschaften. So müssen bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung mindestens zwei der an der Gründung beteiligten AG dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Bei der Gründung einer Tochter-SE ist es dagegen ausreichend, wenn mindestens zwei der an der Gründung beteiligten Gesellschaften entweder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat oder eine Tochtergesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt, haben. Die SE-VO macht keine weiteren Angaben zur Tochtergesellschaft. Für die Ermittlung der zulässigen Rechtsformen ist auf Art. 54 AEUV zurückzugreifen.
Für die Anerkennung des Merkmals der Zweigniederlassung ist allerdings das Bestehen einer Hauptniederlassung notwendig. Hierfür genügt jedoch ein "Briefkasten".
c) Zwei-Jahresfrist
Rz. 2050
Die SE-VO sieht vor, dass Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen mindestens seit 2 Jahren bestehen müssen. Diese Voraussetzung soll Umgehungen der Gründungsanforderungen verhindern. Die Frist beginnt mit dem Errichtungszeitpunkt der Zweigniederlassung. Dafür ist lediglich notwendig, dass ein neuer Geschäftsbetrieb eingerichtet oder ein solcher erworben wird. Teilweise wird allerdings vertreten, dass auf den Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung abzustellen sei.
Hinweis
Der Zukauf eines bereits seit 2 Jahren bestehenden Betriebes ist nicht ausreichend. Im Einzelfall kann es schwierig sein, das 2-jährige Bestehen einer Zweigniederlassung nachzuweisen. Den geeigneten Nachweis zu erbringen, obliegt den anmeldenden Personen.
Rz. 2051
Bei der Bestimmung der Zwei-Jahresfrist für das "Haben" einer Tochtergesellschaft ist zu unterscheiden, ob die Gesellschaft selber gegründet worden oder zugekauft worden ist. Soweit die Tochtergesellschaft von der Obergesellschaft selbst gegründet worden ist, kommt es auf den Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft an. Dabei ist zu beachten, dass bei manchen Gesellschaftsformen die Eintragung konstitutiv wirkt und bei anderen nicht.
Soweit die Tochtergesellschaft erworben worden ist, ist die Eigentümerstellung maßgeblich. Die Frist beginnt mit dem Erwerb der dinglichen Anteilsinhaberschaft zu laufen.
Hinweis
Gerade die Voraussetzung des 2-jährigen Bestehens einer Tochter-SE für die Gründungsvarianten Art. 2 Abs. 2 bis Art. 4 SE-VO kann umgangen werden. Bei dem Erwerb einer AG als Tochtergesellschaft kann die Tochter-AG auf die Mutter-AG grenzüberschreitend verschmolzen werden, ohne die Zwei-Jahresfrist einhalten zu müssen. Die Gründungvariante der Verschmelzung zur Europäischen Gesellschaft (SE) sieht eine solche Wartezeit nicht vor.