Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 389
Häufig müssen die Zeichner für die Übernahme der neuen Geschäftsanteile ein Agio – ein den Nennbetrag der neuen Anteile übersteigendes Ausgabeentgelt – entrichten. Der Erhöhungsbeschluss muss dieses Agio angeben, allerdings nicht betragsmäßig, aber mindestens bestimmbar.
Ein Agio kann gesellschaftsrechtlicher Bestandteil des Kapitalerhöhungsbeschlusses sein (korporatives Agio) oder nur ein schuldrechtliches, verdecktes Agio zwischen den Gesellschaftern. Wird es in den satzungsändernden Kapitalerhöhungsbeschluss und daneben auch in die Übernahmeerklärung aufgenommen, handelt es sich nach dem BGH um ein statutarisches bzw. korporatives Agio.
Rz. 390
Nach dem Verbot der Unterpari-Emission darf der Ausgabebetrag nicht den Nennbetrag des neuen Geschäftsanteils unterschreiten. Ob jenseits dessen ein Agio in einer solchen Höhe festgesetzt werden muss, die dem inneren Wert der neuen Anteile entspricht, ist umstritten. Jedenfalls beim Ausschluss des Bezugsrechts einzelner Gesellschafter darf die Ausgabe neuer Anteile nur gegen Zahlung eines wertgleichen Agio erfolgen, um zu verhindern, dass der Wert der bereits bestehenden Anteile verringert wird, ohne dass der ausgeschlossene Gesellschafter eine Abwendungsmöglichkeit besäße. Dies gilt aber auch, wenn alle Altgesellschafter zu den gleichen Konditionen an der Erhöhung teilnehmen können, jedenfalls dann, wenn die Differenz zwischen dem inneren Wert und dem Nennbetrag der Anteile so hoch ist, dass sich ein faktischer Zwang zur Teilnahme an Kapitalerhöhung ergibt.
Rz. 391
Die Ermittlung des tatsächlichen Wertes der Anteile, aus deren Differenz zum Nennbetrag sich das Agio errechnet, bereitet in der Praxis große Probleme, da oftmals nicht sicher ist, welche Vermögenswerte in die Bewertung einzustellen sind und nach welchen Kriterien die Bewertung vorzunehmen ist. Die Bewertung der Anteile darf nur nach anerkannten Bewertungsmaßstäben erfolgen, die sich aus der Begründung des ermittelten Ausgabewertes ergeben müssen. Der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist damit aber auch Genüge getan; ein Mehr kann nicht verlangt und ein Verstoß gegen die Treuepflicht dann nicht angenommen werden. Bewertungsfehler können den Gesellschaftern nicht angelastet werden.
Hinweis
Die Gesellschafterversammlung kann auch ein Agio festsetzen, welches den wahren Wert der auszugebenden Anteile überschreitet. Dies ist unbedenklich, sofern die Bemessung des Agio nicht dazu führt, dass der Erwerb neuer Anteile für einzelne Gesellschafter unerschwinglich wird. In letzterem Fall sind die nachskizzierten Grundsätze zum faktischen Bezugsrechtsausschluss zu beachten.
Die Konstellation der Kapitalerhöhung gegen zu hohes Aufgeld kann sich wegen der Werterhöhung der Altanteile schenkungsteuerrechtlich auswirken. Der den Nennwert übersteigende Teil wird typischerweise in die Kapitalrücklagen eingestellt, welche den Wert sämtlicher Geschäftsanteile erhöht und somit die Altgesellschafter bereichert. Durch die damit verbundene Änderung der Verhältnisse der Geschäftsanteile spricht man auch von einer disquotalen oder kapitalquotenverändernden Kapitalerhöhung.
Gleiches gilt für den entgegengesetzten Fall, der zu niedrigen Festsetzung des Agios. Hierbei kommt es im Rahmen einer kapitalquotenverändernden Kapitalerhöhung durch das zu geringe Aufgeld zu einer Wertverwässerung der Altanteile wobei Bereicherter der Erwerber des Geschäftsanteils ist. Das FG Münster und auch der BFH haben eine mittelbare Schenkung und damit einen steuerrechtlich relevanten Tatbestand i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bejaht, wenn die Einlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung hinter dem Wert des erworbenen Anteils zurückbleibt und nicht durch ein Aufgeld ausgeglichen wird. Auch in dem Verzicht der Altgesellschafter auf das Bezugsrecht liegt eine freigebige Zuwendung an den Übernehmer des Geschäftsanteils, wenn der Wert der Anteile die übernommene Stammeinlage übersteigt und der Übernehmer zur Vermeidung der Entwertung der Anteile der Altgesellschafter auch kein angemessenes Agio (§ 55 Abs. 2 Satz 2 GmbHG) zu leisten braucht.
Der BFH hat hingegen im Fall der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage bei der nicht gleichzeitig eine gleichwertige Stammeinlage übernommen wird, eine freigiebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter verneint, obwohl sich deren Geschäftsanteil dadurch erheblich erhöht hat. Dadurch entsteht die Möglichkeit, Vermögen auf andere Gesellschafter – die, wie im Fall des BFH-Urteils, auch Familienmitglieder sein können – zu verschieben, ohne Schenkungssteuer auszulösen.
Mit Anfügen eines Abs. 8 zu § 7 ErbStG im Jahr 2011 ist der Fall unentgeltlicher Leistungen an Kapitalgesellschaften und deren schenkungsteuerrechtliche Auswirkung auf die Gesellschafter jetzt gesetzlich geregelt. Im Einzelfall können diese unerwünschten schenkungssteuerlichen Effekte vermieden werden, indem in einer Gesellschaftervereinb...