Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 76
Zur in der Rspr. inzwischen etablierten Variante der verdeckten gemischten Sacheinlage hat der BGH zwar keine Ausführungen zur Dogmatik der Anrechnung, jedoch instruktive Hinweise zur konkreten Durchführung der Anrechnung und zur Abgrenzung bzw. Kumulation mit der Kapitalerhaltung nach §§ 30, 31 GmbHG gemacht.
Ausgangspunkt für die Anrechnung ist der Fall der einfachen verdeckten Sacheinlage. Deckt der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands bei der einfachen verdeckten Sacheinlage den Betrag der Bareinlageverpflichtung vollständig ab, erlischt die Einlageforderung der Gesellschaft durch Anrechnung. Erreicht der Wert dagegen diesen Betrag nicht, bleibt die Einlageverbindlichkeit des Gesellschafters i.H.d. Differenz offen.
Bei der verdeckten gemischten Sacheinlage ist der Wert des Vermögensgegenstands bei der Anrechnung gleichsam "von oben nach unten" in Ansatz zu bringen: Der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands ist zunächst von dem von der Gesellschaft zusätzlich zu den Anteilen erbrachten Betrag abzuziehen und erst dann von der Einlageforderung. Andernfalls würde unberücksichtigt bleiben, dass die Gesellschaft in der Höhe der von ihr zusätzlich erbrachten Leistung den Vermögensgegenstand selbst finanziert und dies wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung nicht zugunsten des Gesellschafters berücksichtigt werden darf.
Deckt der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands bei der verdeckten gemischten Sacheinlage den Betrag der Bareinlageverpflichtung und den Betrag der von der Gesellschaft zusätzlich erbrachten Gegenleistung vollständig ab, liegt i.H.d. von der Gesellschaft erbrachten Gegenleistung ein einfacher Aktivtausch vor. Die ebenfalls wertmäßig abgedeckte Einlageforderung erlischt aufgrund der gesetzlich angeordneten Anrechnung.
Ist die Wertdeckung durch den verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstand allerdings nicht vollständig, ist mit dem BGH danach zu unterscheiden, wie weit die Deckung reicht.
Wird die zusätzliche Leistung der Gesellschaft vollständig, die Einlageforderung nur teilweise durch den Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands abgedeckt, erlischt die Einlageforderung der Gesellschaft teilweise aufgrund der Anrechnung nur i.H.d. durch den Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands zusätzlich abgedeckten Betrags.
Wird durch den Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands nicht einmal die von der Gesellschaft zusätzlich erbrachte Leistung wertmäßig abgedeckt, muss der Inferent die Differenz ggf. gem. §§ 30, 31 GmbHG der Gesellschaft zurückerstatten. Vom BGH wurde die im Rahmen des auch hier anwendbaren § 30 GmbHG bekannte Problematik des bilanzneutralen Drittgeschäfts erwogen. Wenn die Schuldnerin schon im Stadium der Unterbilanz war oder aber durch den Abfluss des Kaufpreises eine Unterbilanz oder gar eine bilanzielle Überschuldung entstanden sein sollte, ist die Inferentin als Empfängerin dieser Leistung nach § 31 GmbHG erstattungspflichtig. Nach Ansicht des BGH greifen die Kapitalerhaltungsvorschriften aber nicht hinsichtlich der zurückgezahlten Bareinlage, da eine ansonsten erfolgende Doppelzahlung durch die Neureglung des § 19 Abs. 4 GmbHG gerade vermieden werden sollte.
Deckt im Fall einer verdeckten gemischten Sacheinlage der Wert des Vermögensgegenstandes nicht einmal die von der Gesellschaft zusätzlich erbrachte Leistung wertmäßig, ist im Ergebnis also zu unterscheiden:
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In Höhe der Wertdeckung liegt ein Aktivtausch vor; soweit die Einlageforderung ungedeckt ist, bleibt sie bestehen. |
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Hinsichtlich der Leistungen der Gesellschaft für über den Wert des Gegenstandes hinausgehende gezahlte Beträge greifen die Kapitalerhaltungsvorschriften, soweit aus dem gebundenen Vermögen geleistet wurde. |
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Nach Ansicht des BGH greifen die Kapitalerhaltungsvorschriften aber nicht hinsichtlich der zurückgezahlten Bareinlage, da dieses Ergebnis durch die Neureglung des § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. vermieden werden sollte. |