Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 639
Die Leistung der Bareinlage muss zur freien Verfügung des Vorstands erfolgen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 AktG). Freie Verfügbarkeit liegt vor, wenn die Einlage aus dem Herrschaftsbereich des Einlegers ausgesondert und dem Vorstand so übergeben wurde, dass er nach eigenem Ermessen und ohne Einschränkung über die Einlage verfügen kann. Die Zahlung auf ein gesperrtes oder gepfändetes Konto genügt nicht. Zahlungen auf ein debitorisches Konto hindern die freie Verfügbarkeit nicht, soweit die Kreditlinie noch nicht überschritten ist. Anders ist es, wenn die Einzahlung zwar auf das Konto der Gesellschaft erfolgt, der Einlageschuldner aber über dieses Konto jederzeit ohne Mitwirkung des Vorstands verfügen kann. Unschädlich wiederum ist die bloße Zeichnungsberechtigung des Inferenten für das Einlagekonto, wenn das Konto auf die Gesellschaft lautet und der Vorstand die Zeichnungsberechtigung jederzeit widerrufen kann.
Die Einzahlung auf ein Treuhandkonto (Notaranderkonto) genügt, wenn der Vorstand auf die Gelder jedenfalls nach Anmeldung der Gesellschaft (nach a.A. nach Eintragung) den alleinigen Zugriff hat.
Die Leistung auf die Einlageschuld muss zweifelsfrei erkennbar sein. Auch Drittleistungen sind nach § 267 BGB statthaft.
Rz. 640
Str. ist, ob Absprachen über die Verwendung der einbezahlten Gelder die freie Verfügung des Vorstands i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 1 AktG unterwandern. Solche Absprachen sind nicht per se unzulässig, wenn keine Rückzahlung der Einlage an die Gründer infrage steht, also eine verdeckte Sacheinlage anzunehmen ist, und sofern die Gründer auch auf die Verwendung der Einlage nicht faktisch Einfluss nehmen können. Nach Ansicht des BGH stehe die Einlage auf eine Kapitalerhöhung auch dann zur freien Verfügung, wenn die Kapitalerhöhung nur zu dem Zweck durchgeführt werde, einen Geschäftsanteil einer tags zuvor gegründeten GmbH zu kaufen. Ebenso hat das KG eine unzulässige Verwendungsbindung verneint, wenn in der Gründungsurkunde einer AG bereits die Gründung einer GmbH und die Übernahme der Einlagepflicht durch die Vor-AG vorgesehen sei. Aufgrund der noch nicht endgültig geklärten Rechtslage sollte auf derartige Verwendungsabreden sicherheitshalber verzichtet werden.
Wird der Einlagebetrag in ein Cash-Pool-System einbezogen, fehlt die freie Verfügbarkeit wegen Rückflusses an den Interessenten. Zum anderen liegt darin eine verdeckte Sacheinlage. Eine schuldtilgende Leistung scheidet aus. Zulässig ist die Einzahlung auf ein Sonderkonto, das nicht in den Cash-Pool einbezogen ist.
Rz. 641
Str. ist, ob der Vorstand berechtigt ist, vor der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister über die geleisteten Einlagen zu verfügen. Grundsatz ist, dass die Bareinlagen im Anmeldezeitpunkt nicht mehr gegenständlich vorhanden sein müssen. Andererseits ist im Gründungsstadium aber auch eine völlig freie Verfügungsmöglichkeit ohne jedwede Einschränkungen abzulehnen. Nach h.M. ist im Gegensatz zum Fall der Kapitalerhöhung der Grundsatz der "wertgleichen Deckung" zu beachten. Eine wertgleiche Deckung liegt dann vor, wenn an die Stelle der eingezahlten Bareinlagen wertgleiche aktivierungsfähige Vermögensgegenstände getreten sind, indem für das ausgegebene Geld Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechenden Wertes angeschafft oder hergestellt worden sind. Gleiches gilt bei Verwendung der eingezahlten Bareinlagen zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten. Keine wertgleiche Deckung liegt vor, wenn damit nicht-aktivierungsfähige Ausgaben wie z.B. Mietzahlungen sowie die Zahlung von Löhnen und Gehältern bestritten werden. Maßgebend für das Erfordernis der wertgleichen Deckung ist, dass die eingeforderten Einlagen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Gründung wertmäßig noch in anderer Form vorhanden sind. Dies ist ggü. dem Handelsregister in der Anmeldung nachzuweisen.