Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 731
Vorratsgesellschaften begegnen einem im Rechtsleben im Wesentlichen im GmbH-Gesellschaftsrecht. Im Aktienrecht stellt sich die Rechtslage jedoch vergleichbar dar. Die Verwendung des Mantels einer auf Vorrat gegründeten Gesellschaft, die bislang nicht unternehmerisch tätig war (Eintragung neu bestellter Vorstandsmitglieder und die Eintragung der Änderung des Sitzes, der Firma und des Unternehmensgegenstandes im Handelsregister) stellt eine wirtschaftlich eine Neugründung dar, auf die die Gründungsvorschriften anzuwenden sind.
Rz. 732
Eine Vorratsgesellschaft kann offen gegründet werden, bei der die Unternehmenslosigkeit im Unternehmensgegenstand zum Ausdruck gebracht wird ("Verwaltung eigenen Vermögens"). Bei der verdeckten Vorratsgründung wird ein Unternehmensgegenstand "fiktiv" angegeben. Eine verdeckte Vorratsgründung kann auch vorliegen, wenn ein entsprechender Geschäftsbetrieb innerhalb der üblichen Anlauf- und Vorlaufzeiten (Verzögerung von ca. 6 Monaten unschädlich) nicht aufgenommen wird. Ebenso droht die "Mutation zur Vorratsgesellschaft", wenn trotz bei Gründung bestehender Absicht zur zeitnahen Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes zwischen der Gründung und der tatsächlichen Geschäftsaufnahme ein zu langer Zeitraum liegt.
Rz. 733
Die Gründungsvorschriften sind ebenso bei der Verwendung eines "alten Mantels" einer früher aktiven, jetzt aber unternehmenslosen GmbH, anzuwenden. Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes, eine Neufassung der Firma oder eine Sitzverlegung ist dazu nicht erforderlich; auch bedarf es hierzu nicht der Bestellung eines neuen Geschäftsführers und/oder der Veräußerung von Geschäftsanteilen. Auch auf die Vermögenslosigkeit kommt es nicht an. Maßgebliches Kriterium ist nach Ansicht des BGH allein, ob (noch) ein aktives Unternehmen betrieben wird (Abgrenzung zur bloßen Umorganisation, bei der der bisherige Geschäftsbetrieb ggf. auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsbereichs in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise als Basis der Fortführung dient). Eine "leere Hülse" im Sinne einer Mantelverwendung liegt nicht vor, wenn die Gesellschaft nach Gründung und Eintragung konkrete Aktivitäten zur Planung und Vorbereitung der Aufnahme ihrer nach außen gerichteten Geschäftstätigkeit i.R.d. statutarischen Unternehmensgegenstandes entfaltet.
Rz. 734
Sowohl die Verwendung des Mantels einer Vorratsgesellschaft als auch die Verwendung eines gebrauchten Gesellschaftsmantels sind als wirtschaftliche Neugründungen ggü. dem Handelsregister ausdrücklich offen zu legen. Der Gläubigerschutz gebietet es, die Einhaltung der Gründungsvorschriften i.R.d. wirtschaftlichen Neugründung durch eine formalrechtliche registergerichtliche Präventivkontrolle abzusichern.
Rz. 735
Welche Anforderungen nach Rspr. und Lit. an die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung zu stellen sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Nach Auffassung des BGH genügt jedenfalls die pauschale Aussage i.R.d. Handelsregisteranmeldung, dass "die Wiederverwendung eines alten Gesellschaftsmantels" bzw. eine "wirtschaftliche Neugründung" vorliegt. In der Lit. wird es für ausreichend gehalten, wenn durch andere Angaben und Erklärungen dem Registergericht die Tatsache einer wirtschaftlichen Neugründung offenkundig gemacht wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn im Zusammenhang mit der Anmeldung von signifikanten Satzungsänderungen die bei der Gründung einer GmbH notwendige Versicherung der Geschäftsführer nach § 8 Abs. 2 GmbHG mit abgegeben wurde.
Rz. 736
Im GmbH-Recht hat der Geschäftsführer mit der Offenlegung gleichzeitig die Erklärung analog §§ 7 Abs. 3, 8 Abs. 2 GmbHG abzugeben, dass die GmbH noch über ein Mindestvermögen i.H.d. satzungsmäßigen Stammkapitalziffer verfügt und dass sich hiervon mindestens ein Viertel – zumindest aber 12.500,00 EUR – zu ihrer freien Verfügung befindet. Trifft dies nicht zu oder unterbleibt eine Offenlegung, haften die Geschäftsführer für falsche Erklärungen nach § 9a GmbHG analog sowie für Handlungen nach § 11 Abs. 2 GmbHG analog. Die Gesellschafter haften den Gläubigern nach den Grundsätzen der für die Vor-GmbH entwickelten Grundsätze der Unterbilanzhaftung.
Rz. 737
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Muster 10.16: Handelsregisteranmeldung wirtschaftliche Neugründung
URNr. _________________________/_________________________
vom _________________________._________________________
Amtsgericht _________________________
– Registergericht –
HRB neu
Aktiengesellschaft
mit dem Sitz in _________________________
Geschäftsanschrift: _________________________
________________________________________________________
Zur Eintragung im Handelsregister wird angemeldet:
Es wird angezeigt, dass eine wirtschaftliche Neugründung vorliegt. Es wird versichert, dass die in §§ 36, 36a AktG bezeichneten Leistungen auf das Grundkapital bewirkt sind, d.h. die...