Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 332
Für die Verbindlichkeiten einer GmbH aus Rechtsgeschäften oder aus Gesetz haftet grds. nur das Vermögen der GmbH, nicht die Gesellschafter persönlich. Soweit nicht eine Unterbilanzhaftung eingreift (dazu Rdn 40 ff.), gilt diese Haftungsprivilegierung ab der Eintragung der GmbH im Handelsregister. Darüber hinaus kommt eine Haftung der Gesellschafter in den folgenden Fallgruppen in Betracht:
a) Haftung aus Rechtsgeschäft
Rz. 333
Ein Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter ist zunächst möglich, wenn diese eine Haftungsübernahme übernommen haben. Insb. bei der Vergabe von Krediten an die GmbH ist den Kreditinstituten in aller Regel das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse zu gering für den Fall, dass der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann. Daher verlangen sie zusätzliche Sicherheiten, oft Bürgschaften, Garantien oder Schuldbeitritte der Gesellschafter, die damit den Zugriff auf ihr (Privat-)Vermögen eröffnen. Ebenso kommen sog. harte Patronatserklärungen oder die Pflicht auf Verlustübernahme aus einem Gewinnabführungsvertrag als Rechtsgrund für eine Gesellschafterhaftung in Betracht.
b) Durchgriffshaftung
Rz. 334
Eine echte Durchgriffshaftung i.S.e. unmittelbaren Außenhaftung des Gesellschafters hat Ausnahmecharakter, da sie grds. dem Trennungsprinzip des § 13 Abs. 2 GmbHG zuwiderläuft. und wird im Wesentlichen für die folgenden Konstellation diskutiert: Bei der Sphärenvermischung wird die Trennung zwischen GmbH und Gesellschafter im Rechtsverkehr verschleiert, z.B. durch Benutzung ähnlicher Firmen, derselben Geschäftsräume, desselben Personals. Nach heute h.M. sind die Fälle der Sphärenvermischung allerdings nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung zu lösen. Bejaht wird die Durchgriffshaftung in Fällen der Vermögensvermischung. Diese liegt vor, wenn Gesellschafter- und Gesellschaftsvermögen vermischt werden, etwa durch falsche oder unzureichende Buchführung und dadurch die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften unkontrollierbar wird. Bei der Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung handelt es sich um eine Verhaltenshaftung, die den für die Vermischung des Vermögens verantwortlichen Gesellschafter aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter trifft. Die Schwelle hierzu ist nicht bereits bei Fehlen einer "doppelten Buchführung" überschritten, sondern erst, wenn die Zahlungsvorgänge unkontrollierbar werden mit der Folge, dass sich die Vermögensmassen von GmbH und Gesellschafter nicht mehr unterscheiden lassen
Rz. 335
Seit Langem ist in der Lit. die Möglichkeit einer Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung umstritten. Diese soll vorliegen, wenn die GmbH völlig unzureichend mit Kapital ausgestattet wird. Die Rspr. verneint jedoch die Pflicht der Gesellschafter, die GmbH über das Stammkapital hinaus mit Kapital auszustatten.
Auch die Ansicht der Lit., die materielle Unterkapitalisierung als Fallgruppe des existenzvernichtenden Eingriffs zu werten, hat der BGH in seinem Grundsatzurteil "Gamma" abgelehnt. Das Unterlassen der finanziellen Ausstattung stelle keinen Eingriff in das Gesellschaftsvermögen dar, sodass die materielle Unterkapitalisierung nicht in das System des Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs passt.
c) Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs
aa) Entwicklung der Rechtsprechung des BGH
Rz. 336
Hinsichtlich der Missbrauchshaftung war das Konzernhaftungsrecht über Jahre hinaus ein Brennpunkt der Rechtsentwicklung des GmbH-Rechts. Sinn und Zweck der Missbrauchshaftung ist es, den Gläubigern der Gesellschaft einen Zugriff auf den Gesellschafter zu ermöglichen, der die Gesellschaft wirtschaftlich für eigene Belange ausnutzt und damit den Gesellschaftsgläubigern die Haftungsmasse entzieht.
Der BGH hatte ursprünglich in seinem "Autokran"-Urteil und später in dem "Video"-Urteil das konzernrechtliche Haftungssyst...