Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 692
Bei verdeckten Sacheinlagen handelt es sich um Gestaltungen zur Umgehung der Sacheinlagevorschriften, wobei der Gesellschaft nicht effektiv oder bleibend Barkapital und neue Liquidität zugeführt wird. Es wird eine Bareinlage vereinbart; die Gesellschaft soll aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten. Die verdeckte Sacheinlage kann bei der Gründung ebenso wie bei einer Kapitalerhöhung vorkommen.
Der Notar ist dabei verpflichtet, über den Begriff der Bareinlage zu belehren, weil insbesondere in Abgrenzung zur verdeckten Sacheinlage häufig Fehlvorstellungen über die Erfüllungswirkung der Bareinlageverpflichtung bestehen.
Rz. 693
§ 27 Abs. 3 Satz 1 AktG enthält eine Legaldefinition für die verdeckte Sacheinlage. Der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage setzt sich nach heute herrschender Meinung wie folgt zusammen:
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Begründung einer Bareinlagepflicht durch Bargründung oder Barkapitalerhöhung; |
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Verkehrsgeschäft zwischen der Gesellschaft und dem Einlageschuldner oder einem Dritten; dieses zerfällt seinerseits in das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das dingliche Vollzugsgeschäft; |
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Umgehungsabrede zwischen der Gesellschaft und dem Einlageschuldner bzw. zwischen diesem und den übrigen Gesellschaftern. Da es bei der Einmann-Gründung eine solche den wirtschaftlichen Erfolg einer Sacheinbringung umfassende Absprache nicht geben kann, weil es an einer Mehrzahl von Gesellschaftern fehlt, reicht bei dieser Sonderkonstellation ein entsprechendes "Vorhaben" des alleinigen Gründungsgesellschafters aus. |
Rz. 694
Entscheidend kommt es auf einen unmittelbaren oder mittelbaren Einlagenrückfluss an den Inferenten als Vergütung für eine von ihm erbrachte oder absprachegemäß zu erbringende Leistung an. Sonstige Absprachen über die Verwendung der Einlagenmittel sind unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung unschädlich. Wird mit einer Bareinlage ein Darlehen abgelöst, für dessen Rückzahlung der Inferent gebürgt hat, leistet er nicht verdeckt eine Sacheinlage. Auch die Tilgung eines vom Ehegatten des Inferenten gewährten Darlehens mit der Bareinlage ist keine verdeckte Sacheinlage, es sei denn, das Darlehen wurde wirtschaftlich vom Inferenten gewährt oder die Einlage wurde mit Mitteln bewirkt, die ihm vom Ehegatten zur Verfügung gestellt wurden.
Der Tatbestand der Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln setzt eine personelle Identität zwischen dem Inferenten und dem Rückzahlungsempfänger nicht voraus. Umgekehrt genügt ein bloßes Näheverhältnis für die Annahme einer verdeckten Sacheinlage noch nicht.
Rz. 695
Die häufigsten Fälle sind dabei die Verrechnung der Einlageforderung der Gesellschaft mit einem Anspruch des Gesellschafters auf Tilgung einer Altforderung oder Neuforderung bzw. das bloße Hin- und Herzahlen von Geld. Hierbei wird zwar isoliert betrachtet die Einlageforderung in bar erfüllt; im wirtschaftlichen Ergebnis soll der Gesellschaft jedoch nur die Befreiung von ihrer jeweiligen Verbindlichkeit zugeführt werden, was nur im Wege der Sacheinlage zulässig ist. Gleiches gilt grds. im Fall der Betriebsaufspaltung, wenn eine Betriebsgesellschaft in Form einer AG in bar gegründet wird, die dann von ihrem Gründer dessen Unternehmen, Betriebsmittel, Kundenstamm etc. pachtet und die Pacht mit den Bareinlagen verrechnet/bezahlt. Die Reihenfolge der Zahlungen ist ohne Bedeutung.
Rz. 696
Besteht ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen Vorgängen, ist dies ein beweiskräftiges Indiz für ein abgestimmtes Verhalten der Beteiligten, das auf die Herbeiführung des wirtschaftlichen Erfolgs des verdeckten Rechtsgeschäfts gerichtet ist. Der BGH hat einen solchen zeitlichen Zusammenhang bei einem Zeitraum von mehr als 8 Monaten verneint. Die Lit. bejaht überwiegend einen Zusammenhang bei einem Zeitraum von bis zu 6 Monaten, z.T. aber auch bei einem Zeitraum von 12 Monaten. Der BGH hat sich zur Frage des "kritischen Zeitraums" noch nicht geäußert. Er stellt vielmehr darauf ab, dass für das Eingreifen des Umgehungsverbots eine Abrede zwischen Inferent und Mitgesellschafter bzw. Geschäftsführer erforderlich ist. Liegt eine solche Abrede vor, kommt es auf den zeitlichen Abstand und sonstige Indizien nicht mehr an.
Rz. 697
Auf der Seite des Einlageschuldners gilt nach der Rspr. des BGH, dass sich dieser die Leistung an einen Dritten i.S.e. Rückzahlung zurechnen lassen muss, wenn er dadurch in gleicher Weise begünstigt wird wie im Fall einer Leistung an ihn selbst. Dies trifft zu, wenn die eingesetzten Barmittel zugunsten einer dem Einlageschuldner nahestehenden Person verwendet werden. Grds. ist deshalb die Zahlung an ein Unternehmen ausreichend, an dem der Einlageschuldner maßgeblich beteiligt ist, insb. eine 100 %ige Beteiligung hält.