Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 505
Nach § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG bedarf es für die Abtretung von Geschäftsanteilen und die Verpflichtung hierzu einer notariellen Beurkundung. Formbedürftig sind auch alle Nebenabreden, die nach dem Willen der Parteien Bestandteil einer Vereinbarung sein sollen, die u.a. auch die Verpflichtung zur Anteilsübertragung zum Inhalt hat (sog. Vollständigkeitsgrundsatz). Es finden also in diesem Zusammenhang die Grundsätze zu § 311b BGB Anwendung. Für parallel zum Anteilsübertragungsvertrag abgeschlossene Verträge gilt die Faustregel, dass der weitere Vertrag beurkundungsbedürftig ist, wenn ohne ihn der Anteilsübertragungsvertrag nicht geschlossen worden wäre. Beurkundungsbedürftig sind hingegen bei allein umgekehrter Abhängigkeit nicht diejenigen (nicht formbedürftigen) Verträge, die nur unter der Voraussetzung abgeschlossen werden, dass auch der Anteilsübertragungsvertrag zum Abschluss kommt. Maßgeblich für den Umfang der Beurkundungspflicht ist nicht, was die Parteien beurkunden wollen, sondern was sie als wirtschaftlich notwendig zusammenhängend betrachten. Dies kann bei einer Finanzierungszusage für den Anteilskaufvertrag der Fall sein. Auch ein zusammengesetzter oder gemischter Vertrag, der die lediglich untergeordnete Pflicht zur Geschäftsanteilsabtretung auferlegt, wird insgesamt formbedürftig.
Eine Regelung in der Satzung, nach der bei der Kündigung eines Gesellschafters sein Gesellschaftsanteil den verbleibenden Gesellschaftern anwächst, führt nach h.M. im Fall der Kündigung zum dinglichen Übergang seines Geschäftsanteiles ohne Einhaltung der Form des § 15 Abs. 3 GmbHG.
Rz. 506
Die in § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG eröffnete Heilung des formunwirksamen Verpflichtungsgeschäfts kann durch formgerechte Abtretung erfolgen. Dabei kann der Abtretungsvertrag einheitlich mit dem Verpflichtungsgeschäft beurkundet sein, ihm vorangehen oder nachfolgen. Die Heilungswirkung tritt – auch beim Bedingungseintritt oder dem Verzicht auf die Bedingung im Falle einer aufschiebend bedingt erklärten Abtretung – nur ex-nunc, also im Zeitpunkt der formgerechten Abtretung ein. Darüber hinaus weist die Rspr. immer wieder darauf hin, dass es einer Vertragspartei nur in Extremfällen über § 242 BGB nicht gestattet ist, sich auf die Formunwirksamkeit zu berufen.
Werden Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft in einer Urkunde zusammengefasst und führt ein Beurkundungsmangel beim Verpflichtungsgeschäft (Verstoß gegen die Vorlesepflicht des § 13 BeurkG) zu dessen Formunwirksamkeit, folgt daraus dennoch nicht über § 139 BGB die Formunwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts, weil die wirksame Abtretung gerade auch das unwirksame Verpflichtungsgeschäft heilt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG). Soll ein formunwirksames privatschriftliches Verpflichtungsgeschäft durch die Abtretung geheilt werden, so sollte die Urkunde über den Anteilsübergang dies klarstellen und keinerlei weitere Regelungen zum Verpflichtungsgeschäft enthalten. Besonders relevant wird dies für den Abschluss von Kauf- oder Übertragungsverträgen an GmbH-Geschäftsanteilen im Ausland. Dieses dem Verfügungsgeschäft der dinglichen Abtretung zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft unterliegt nicht dem Gesellschaftsstatut, sondern dem Schuldvertragsstatut, welches nach Art. 3 ff. Rom I-VO zu ermitteln ist, was grds. eine freie Rechtswahl der Parteien erlaubt. Im Gegensatz dazu richtet sich die dingliche Abtretung zwingend nach dem Gesellschaftsstatut der GmbH. Für deutsche Gesellschaften bestimmt sich dieses seit dem MoMiG nunmehr nach der Gründungstheorie sodass stets deutsches Recht anwendbar ist und mithin § 15 GmbHG. Inwieweit die Anteilsübertragung auch im Ausland beurkundet werden kann, ist seit Langem streitig. Nach heute h.M. wird darauf abgestellt, dass die nach § 15 Abs. 3 GmbHG notwendige Beurkundung des Abtretungsvertrages grds. von einem ausländischen Notar vorgenommen werden kann, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Dies entspricht auch der Rspr. des BGH. Bejaht wurde die Gleichwertigkeit im Falle der Beurkundung der Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils durch einen Schweizer Notar im Kanton Basel-Stadt auch nach Wegfall des Beurkundungserfordernisses in der Schweiz.