Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 66
Die höchstrichterliche Rspr. und die herrschende Lehre verlangen eine vorherige Abrede, aus der sich ergibt, dass die Bareinlage des Inferenten gem. dem wirtschaftlichen Ergebnis durch eine andere Leistung als Geld erbracht werden soll und kann. Statt einer ausdrücklichen Abrede ist auch eine stillschweigende Billigung ausreichend. Entscheidend ist lediglich, dass die Abrede respektive die Billigung im Zusammenhang mit der Übernahme des Geschäftsanteils entweder zwischen den Gesellschaftern (bei der Gründung) oder zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft (so bspw. bei der Kapitalerhöhung) getroffen wurde. Teilweise wird es sogar als Verstoß gegen die Sachgründungsvorschriften erachtet, wenn die alsbaldige Rückgewähr der Barmittel gegen eine Sacheinlage erst später, d.h. ohne Vorabsprache, mit dem Geschäftsführer der Gesellschaft verabredet wird.
Die verdeckte Sacheinlage setzt aber keine Umgehungsabsicht oder gar einen Täuschungswillen voraus.
Eine Abrede wird bei einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Gründung und dem Verkehrsgeschäft widerlegbar vermutet. Als Zeitraum werden meist sechs Monate genannt. Nach dem BGH kann eine solche Vermutung nach Ablauf von acht Monaten nicht mehr angenommen werden.
Allerdings ist auch bei einem deutlichen zeitlichen Abstand zwischen Hinzahlen (Leistung der Bareinlage) und Ersetzung der Bareinlage (z.B. Ankauf einer Ware vom Gesellschafter) eine verdeckte Sacheinlage nicht ausgeschlossen. Der zeitliche Zusammenhang ist nur ein Indiz. Entscheidend ist allein, ob eine entspr. Abrede vor oder bei Gründung bzw. Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses getroffen wurde. Liegt diese (beweisbar) vor, handelte es sich um eine verdeckte Sacheinlage.
Beispiele
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Das mit 25.000,00 EUR festgelegte Stammkapital soll dergestalt belegt werden, dass die beiden Gesellschafter A und B jeweils ihre Pkw (Wert ca. 12.500,00 EUR) an die GmbH verkaufen, nachdem die GmbH in bar gegründet wurde. Zur Begleichung des Kaufpreises soll das eingezahlte Stammkapital verwandt werden. |
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In eine GmbH soll das früher einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen des Gründers eingebracht werden. Das geleistete Stammkapital wird sogleich dazu benutzt, das Einzelunternehmen dem Gründungsgesellschafter abzukaufen. |
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Bei einer Betriebsaufspaltung wird das erforderliche Anlagevermögen nach Gründung vom Gründer an die Betriebs-GmbH veräußert oder verpachtet. |
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Streitig ist, ob bei einem Verkehrsgeschäft mit dem Gesellschafter eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, wenn kein Geld zurückfließt, sondern nur die Einbuchung einer Gesellschafterforderung oder Stundung der Kaufpreisforderung des Gesellschafters erfolgt. |
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Auch die in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Bareinlageleistung erfolgte Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens stellt eine gegen das in § 19 Abs. 5 Alt. 2 GmbHG geregelte Umgehungsverbot verstoßende Verrechnung einer Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und damit eine verdeckte Sacheinlage dar. Die Reihenfolge der beiden Zahlungsvorgänge ist dabei unerheblich. |
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Eine verdeckte Sacheinlage hat der BGH auch gesehen bei der Kapitalaufbringung bei einer in einen Cash-Pool eingebundenen GmbH, wo verabredet war, den Nennbetrag des übernommenen Geschäftsanteils kurze Zeit nach seiner Einzahlung bei der GmbH auf ein Konto des Cash-Pools weiterzureichen. Damit konnte die GmbH zwar Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem Cash-Pool tilgen, hat aber anstelle des zu leistenden Barbetrags nur die Tilgung von Verbindlichkeiten und damit einen Sachwert erlangt. Der BGH hat klargestellt, dass es für Cash-Pools kein Sonderrecht gibt und auch dort die Kapitalaufbringungsvorschriften und die von der höchstrichterlichen Rspr. entwickelten Grundsätze gelten. |
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Noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich entschieden ist die Fallkonstellation einer 100 %-igen Fremdfinanzierung des in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Bargründung erfolgenden Verkehrsgeschäfts. Die Bareinlage verbliebe dann zwar scheinbar unberührt im Vermögen der GmbH und würde nicht selbst an den Gesellschafter zurückgezahlt. Das Stammkapital wird gleichwohl mit Verbindlichkeiten belastet, die letztlich nur dazu dienen, dem Gründungsgesellschafter wirtschaftlich betrachtet seine Bareinlage zurückzugewähren und mit dem "verkauften" Wirtschaftsgut auszutauschen. Von der Systematik her kann eine verdeckte Sacheinlage durchaus angenommen werden. Der BGH hat eine verdeckte Sacheinlage in einem Fall angenommen, in dem eine GmbH kreditfinanziert ein Grundstück von einem Gesellschafter gekauft hatte, ohne die Problematik im Urteil überhaupt zu erörtern. |
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Keine verdeckte Sacheinlage liegt nach ganz h.M. dann vor, wenn der Kaufpreis für den durch ein Austauschgeschäft eingebrachten Gegenstand nicht mit den Mitteln der eingezahlten Bareinlage beglichen wird, sondern mit darüber hinaus der GmbH zur Verfügung gest... |