Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 495
Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, wenn sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist (§ 34 Abs. 1 GmbHG; dazu s.o. Rdn 213). Dies gilt gleichermaßen für die freiwillige, d.h. die mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters erfolgende Einziehung, wie auch für die Zwangseinziehung.
Die Einziehung erfordert einen Einziehungsbeschluss der Gesellschafterversammlung (vgl. § 46 Nr. 4 GmbHG). Auf dessen Grundlage ist die Einziehung gegenüber dem betroffenen Gesellschafter erklärt werden. Nimmt der betroffene Gesellschafter selbst an der Beschlussfassung teil, ist nach h.M. eine gesonderte Mitteilung entbehrlich.
Selbst bei Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen kann der Einziehungsbeschluss wegen Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflich anfechtbar sein, etwa wenn der satzungsmäßige Einziehungsgrund nur als Vorwand für ein Hinausdrängen eines unliebsamen Gesellschafters dient.
Rz. 496
Ein Geschäftsanteil kann wirksam nur dann eingezogen werden, wenn er voll eingezahlt ist. Ist der Anteil – wie aufgrund des § 7 Abs. 2 GmbHG nicht selten der Fall – nicht vollständig eingezahlt, steht dies der Einziehung des Anteils entgegen (§ 19 Abs. 2 GmbHG). Eine Verrechnung der offenen Einlageforderung der GmbH mit einem Abfindungsanspruch des betroffenen Gesellschafters ist ausgeschlossen. Vor allem bei der Insolvenz des Gesellschafters oder einer Störung des Verhältnisses der Gesellschafter wird der betroffene Gesellschafter nicht willens oder in der Lage sein, den Anteil noch vollständig einzuzahlen. Wollen die übrigen Gesellschafter den einzuziehenden Anteil nicht selbst vollständig einzahlen oder das langwierige Verfahren einer Kapitalherabsetzung einleiten, bleibt ihnen nur der Ausschluss des Gesellschafters, der das Vorliegen eines Ausschlussgrundes (insb. wichtiger Grund) verlangt. Dieses Problem kann durch die Satzung entschärft werden, wenn sie eine Zwangsabtretung an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten oder – soweit zulässig – an die Gesellschaft vorsieht.
Rz. 497
Die mit der Einziehung verbundene Abfindungszahlung (zu Abfindungklauseln s.o. Rdn 217 ff.) darf nicht unter Angriff auf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen geleistet werden (§ 34 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG). Die übrigen Gesellschafter haften dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig für die Zahlung der Abfindung, allerdings erst dann, wenn die Gesellschaft selbst die Abfindung mangels freien Vermögens nicht leisten kann und die Gesellschafter die Gesellschaft gleichwohl fortsetzen. Die persönliche Haftung der Gesellschafter folgt nicht bereits aus dem Unvermögen der Gesellschaft, die Abfindungszahlung zu leisten, sondern aus der – treuwidrigen – Fortsetzung der Gesellschaft, ohne zugleich für die Befriedigung des Abfindungsganspruchs zu sorgen. Die subsidiäre Haftung trifft sämtliche verbleibenden Gesellschafter unabhängig vom Stimmverhalten.
Steht bei Fassung des Einziehungsbeschlusses fest, dass die Abfindung nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigendem Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann, ist der Einziehungsbeschluss entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Dies gilt auch wenn die Gesellschaft über ausreichend stille Reserven verfügt, die aufgelöst werden könnten, da diese bei der maßgeblichen Betrachtung nach Buchwerten keine Berücksichtigung finden. Um dieser Problematik zu entgehen, können entweder die die Mitgesellschafter diese Haftung beim Einziehungsbeschluss übernehmen, oder bereits bei der Satzungsgestaltung wird eine Mithaftung der Gesellschafter – etwa in Form einer Einlageverpflichtung –vorgesehen.
Rz. 498
Zum Wirksamwerden einer (Zwangs-)Einziehung hat der BGH die von ihm früher vertretene sog. Bedingungstheorie, wonach die Wirksamkeit der Einziehung unter der aufschiebenden Bedingung der Abfindungszahlung steht, aufgegeben. Sofern die Satzung keine abweichende Regelung trifft, wird, soweit der Einziehungsbeschluss weder nichtig ist, noch für nichtig erklärt wird, die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam.
Mit der Wirksamkeit der Einziehung wird der Geschäftsanteil vernichtet. Der betroffene Gesellschafter verliert seine Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten. Gleichwohl bleibt der betroffene Gesellschafter zur Anfechtungsklage befugt. Bis zum Wirksamwerden der Einziehung nach Kündigung des Gesellschafters kann dieser aber noch über seinen Geschäftsanteil verfügen. Erfolgt die Abtretung vor Fassung des Einziehungsbeschlusses, wird die Abtretung nicht unwirksam, vielmehr geht der Einziehungsbeschluss dann "ins Leere".
Rz. 499
Aufgrund des Konvergenzgebots des § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG wurde in der Lit. angenommen, ein Abweichen der Nennbeträge der Geschäftsanteile vom Nennbetrag des Stammkapitals im Fall der Einziehung der Geschäftsanteile führe zur Nichtigkei...