Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1254
Nach § 130 Abs. 1 AktG ist jeder Beschluss der Hauptversammlung einer AG durch eine über die Verhandlung notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden. Beschluss ist jede Äußerung des durch Abstimmung ermittelten Willens der Hauptversammlung. Auch Wahlen sind Beschlüsse. Bei großen Hauptversammlungen kann die Beurkundung durch zwei Notare erfolgen. Möglich ist auch die Mitwirkung eines "Ersatznotars" für den Fall, dass der eigentliche Notar während der Hauptversammlung ausfällt. Die Beiziehung einer Hilfsperson ist allgemein zulässig. Auch die Verwendung technischer Hilfsmittel wie insb. eine Tonbandaufnahme (Diktiergerät) als Gedächtnisstütze soll zulässig sein.
Rz. 1255
Nicht beurkundungspflichtig ist der Ablauf der Versammlung an sich, z.B. versammlungsleitende Maßnahmen oder bloße Meinungsbilder in solchen Fragen. § 130 Abs. 1 AktG ist zwingend; andererseits handelt es sich dabei nicht um eine abschließende Regelung. Vielmehr sind in die notarielle Niederschrift auch weitere Sachverhalte, z.B. Widersprüche von Aktionären gem. § 245 Nr. 1 AktG, bei Auskunftsverweigerung auf Verlangen die Frage und der Verweigerungsgrund (§ 131 Abs. 5 AktG) etc. aufzunehmen. Die Beurkundung oder Nichtbeurkundung dieser Dinge hat jedoch keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Es handelt sich um ein Ergebnisprotokoll, nicht um Wortlautprotokoll oder ein Verlaufsprotokoll. Das Hauptversammlungsprotokoll ist keine vollständige Dokumentation des Verlaufs der Hauptversammlung und damit auch kein Beweissicherungsinstrument für jedwede Rechtswahrung. Allenfalls punktuell enthält das Protokoll Angaben zum Verlauf (z.B. Protokollierung von Widersprüchen, angeblich nicht beantworteter Fragen oder der Anordnung von Ordnungsmaßnahmen durch den Versammlungsleiter). Ohne Einfluss ist es daher, wenn der Notar bzw. die Beurkundungsperson nicht in vorderster Reihe auf dem Podium sitzt oder wenn der Notar kurzzeitig nicht anwesend ist. Der Notar ist bei der Beurkundung der Hauptversammlung "Herr des Verfahrens".
Rz. 1256
Zuständig für die Beurkundung ist jeder deutsche Notar innerhalb seines Amtsbezirks (§ 11 Abs. 2 BNotO). Ein Verstoß hiergegen berührt die Wirksamkeit der Beurkundung nicht (§ 11 Abs. 3 BNotO).
Rz. 1257
Ob die Beurkundung im Ausland durch einen dortigen Notar genügt, ist str. Der BGH hat diese Frage bejaht. Entscheidend komme es darauf an, dass die Beurkundung durch den ausländischen Notar der deutschen Beurkundung gleichwertig sei. Auf die Kenntnisse des deutschen Aktienrechts komme es nicht an.
Rz. 1258
Diese Auffassung des BGH ist bedenklich. Es kann auf die Ausführungen zum Gründungsprotokoll verwiesen werden (s.o. Rdn 582 ff.).
Rz. 1259
Ein Mitwirkungsverbot besteht für den deutschen Notar, wenn er mit mehr als 5 % der Stimmrechte oder mehr als 2.500,00 EUR am Grundkapital beteiligt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 BeurkG) bzw. wenn der Notar Mitglied des Vorstands ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 BeurkG). Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat schadet nach h.M. ebenso. Nach a.A. bestehe kein Mitwirkungsverbot, denn die Beurkundung der Hauptversammlung sei eine Angelegenheit der Gesellschaft selbst, nicht aber des Aufsichtsrates. Es bestehe lediglich eine Hinweispflicht nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BeurkG. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungsverbote hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Beurkundung.
Rz. 1260
Für die Beurkundung der Hauptversammlung gilt nach § 59 BeurkG primär das AktG und nur subsidiär das BeurkG. Regelmäßig erfolgt die Beurkundung in der Form einer Tatsachenbeurkundung nach § 36 BeurkG, und zwar in deutscher Sprache. Die §§ 6–35 BeurkG finden grds. keine Anwendung. Die Niederschrift wird also den Beteiligten nicht vorgelesen und von diesen auch nicht genehmigt oder unterschrieben. Zulässig ist aber eine solche Art der Beurkundung in der Form der Beurkundung von Willenserklärungen auch i.R.d. § 130 Abs. 1 AktG, da diese Form der Beurkundung mehr Garantien für die Beteiligten bringt, als es in den § 37 f. BeurkG und § 130 AktG vorgesehen ist. Entscheidend ist, dass (zusätzlich) die Vorschriften des § 130 AktG beachtet werden. Alle Beteiligten müssen in diesem Fall die Niederschrift genehmigen und unterschreiben (§ 13 BeurkG). Eine solche Art der Beurkundung kommt faktisch nur bei wenigen Teilnehmern in Betracht. Verweigert nur einer seine Unterschrift, ist die Niederschrift unwirksam und die Hauptversammlung nicht wirksam beurkundet. Hier könnte der Notar aber immer noch ein Tatsachenprotokoll nach den §§ 36, 37 BeurkG errichten. Diese Niederschrift muss nur der Notar, nicht aber die übrigen Beteiligten unterschreiben.
Rz. 1261
Eine Online-Beurkundung ist – jedenfalls derzeit – noch nicht zulässig. § 16a Abs. 1 BeurkG lässt eine Online-Beurkundung von vornherein nur zu bei der Beurkundung von Willenserklärungen, nicht aber, wenn die Beurkundung in der Form einer Tatsachenbeurku...