Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1287
Bei börsennotierten Gesellschaften sieht § 130 Abs. 2 Satz 3 AktG für den Versammlungsleiter Erleichterungen für die Beschlussfeststellung vor. Der Versammlungsleiter kann sich bei der Feststellung über die Beschlussfassung für jeden Beschluss darauf beschränken, dass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, falls kein Aktionär eine umfassende Feststellung nach § 130 Abs. 2 Satz 2 AktG verlangt. Ist die "erforderliche Mehrheit" nicht erreicht, verbleibt es bei der Grundregel. Das Beschlussergebnis ist detailliert anzugeben.
Rz. 1288
Eine erleichterte Beschlussfeststellung scheidet aus, wenn ein einziger Aktionär widerspricht und die umfassende Feststellung verlangt (§ 130 Abs. 2 Satz 2 AktG). Es gibt keine Vorgaben, von wann an und bis zu welchem Zeitpunkt dieses Verlangen geltend gemacht werden kann. Der Gesetzeswortlaut lässt offen, ob auch eine nachträgliche Ergänzung der Beschlussfeststellung verlangt werden kann. Das Verlangen kann bereits ab Einberufung der Hauptversammlung und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Eröffnung der Hauptversammlung gestellt werden. Für den Zeitpunkt der letztmöglichen Geltendmachung des Verlangens kommt zum einen der Zeitpunkt der Beschlussfeststellung des Versammlungsleiters in Betracht. Nach a.A. ist auf den Zeitpunkt der Beendigung der Hauptversammlung abzustellen, da bis zu diesem Zeitpunkt noch Korrekturmöglichkeiten für die Hauptversammlung bestehen.
Es ist zu befürchten, dass bei kritischen Hauptversammlungen, insbesondere wenn die Zeit knapp wird und die "Mitternachtsstund" bei einer nur für einen Tag einberufenen Hauptversammlung droht, Aktionäre von diesem Recht auf vollständige Feststellung der Beschlussfassung Gebrauch machen, um auf diese Weise die Beschlussfassung zu verhindern (s. zur Beschlussfassung nach 24.00 Uhr o. Rdn 1127 ff).
Hinweis
Bei kritischen Hauptversammlungen sollte von vornherein eine umfassende Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter und genügend Zeit für die Verlesung vorgesehen werden oder man sollte sich vorbereiten, auf Verlangen der Aktionäre ein ausformuliertes Beschlussergebnis parat zu haben.
Rz. 1289
Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften ist eine solche erleichterte Beschlussfeststellung unzulässig.
Rz. 1290
Nach § 130 Abs. 6 AktG sind die genauen Zahlen über die Beschlussfeststellung bei börsennotierten Gesellschaften innerhalb von 7 Tagen nach der Hauptversammlung auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen. Auf ein Verlangen eines Aktionärs kommt es nicht an. Ebenso ist unerheblich, ob von der erleichterten Beschlussfeststellung nach § 130 Abs. 2 Satz 3 AktG Gebrauch gemacht wurde. Sanktionen, wenn diese Internetpublikation fehlerhaft ist oder ganz unterbleibt, bestehen für die Gesellschaft nicht.