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Liegen die eben erörterten Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG vor, ist die vereinbarte Einlageschuld des Gesellschafters trotz des Hin- und Herzahlens erfüllt. Ist die Kapitalaufbringung demnach ordnungsgemäß, kann sie nicht mehr unter Berufung auf § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG oder § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG infrage gestellt werden. Sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG hingegen nicht erfüllt, findet – im Unterschied zur verdeckten Sacheinlage, bei der eine mangelnde Vollwertigkeit zu einer Differenzhaftung führt – beim Hin- und Herzahlen keine Anrechnung auf die Bareinlageschuld statt. Vielmehr gilt hierbei das "Alles-oder-nichts-Prinzip",[194] wonach die Bareinlage nur als geleistet gilt, wenn der Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft auch vollwertig ist. Ist dies nicht der Fall, greift die Fiktion der Erfüllungswirkung nicht ein und der Gesellschafter muss die Einlage weiter vollständig erbringen.[195] Erfüllungswirkung kann allerdings nachträglich eintreten, soweit sich spätere Zahlungen des Gesellschafters an die Gesellschaft zweifelsfrei der fortbestehenden Einlageverpflichtung zuordnen lassen. Wurde die Einlage als Darlehen an den Gesellschafter zurückgezahlt, kann die spätere Tilgung des Darlehens zugleich auch zur Tilgung der Einlageverpflichtung führen.[196] In Anbetracht der bereits angesprochenen schwierigen Abgrenzung beider Fallgruppen begründet dies einen nicht zu erklärenden Wertungswiderspruch.

Die Regelung des § 19 Abs. 5 GmbHG findet unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 EGGmbHG auch Anwendung auf Altfälle aus der Zeit vor Inkrafttreten des MoMiG.[197] Der BGH geht jedoch in den Entscheidungen "Cash-Pool II"[198] und "Qivive"[199] davon aus, dass auch bei Altfällen ohne die – erst in § 19 Abs. 5 GmbHG angeordnete – Offenlegung keine Erfüllungswirkung eintritt. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Rückwirkung läuft damit leer.

Fehlt es bereits an der vorgeschriebenen Fälligkeit, scheidet eine Heilung ohnehin aus.

In Anlehnung an § 19 Abs. 5 GmbHG regelt § 27 Abs. 4 AktG seit 1.9.2009 für die AG erstmals das sog. Hin- und Herzahlen. Das OLG Stuttgart[200] hält in seiner Entscheidung zur AG die Nachholung einer unterlassenen Offenlegung allenfalls bis zur Eintragung der AG bzw. der Kapitalerhöhung für möglich. Dies gilt in gleicher Weise für die GmbH. Ist die Offenlegung unterblieben, tritt keine schuldtilgende Wirkung ein.

[194] So Schmidt, GmbHR 2008, 449, 452.
[195] So auch Büchel, GmbHR 2007, 1065, 1067.
[196] BGH, 13.12.2016 – II ZR 317/15.
[197] Ausführl. hierzu noch in der Voraufl., Rn 63.
[198] BGH, 20.7.2009 – II ZR 273/07 ("Cash-Pool II"), ZIP 2009, 1561.
[199] BGH, 16.2.2009 – II ZR 120/07 ("Qivive"), ZIP 2009, 713.

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