Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 559
Der Gesetzgeber hat ganz geringe Maßnahmen vorgesehen, um wenigstens ansatzweise nicht nur dem Gründer Gründungserleichterungen zu bieten, sondern auch dafür zu sorgen, dass die quasi kapitallose Gesellschaft dennoch Kapital zum Schutz ihrer Gläubiger bildet. Geplant war wohl ein sog. gestrecktes Gründungsverfahren in der Weise, dass die UG (haftungsbeschränkt) über das Gebot der Rücklagenbildung in § 5a Abs. 3 GmbHG verpflichtet werden sollte, Gewinne jeweils in der Höhe von 25 % in die Rücklage einzustellen. Die Zielsetzung war, dass dann bei Erreichen eines Betrages von 25.000,00 EUR im Rahmen dieser gesetzlichen Rücklage die "Umwandlung" der UG (haftungsbeschränkt) in eine "normale" GmbH erfolgt.
Rechtssystematisch ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber nicht festlegt, dass die UG (haftungsbeschränkt) Gewinne zu erzielen habe. Insoweit bleibt es dabei, dass die UG (haftungsbeschränkt) genauso wie eine GmbH zu jedwedem Zweck gegründet werden kann. Die Anwendung der GmbH-Vorschriften auf die Gesellschaft findet nicht bereits in dem Moment statt, wo die gesetzliche Rücklage oder das Eigenkapital insgesamt den Betrag von 25.000 EUR überschreiten, sondern erst dann, wenn das Stammkapital entspr. erhöht wurde. Der Gesetzgeber hat dennoch kein Gebot zur Umwandlung der Rücklagen in Stammkapital nach einem bestimmten Zeitraum oder in dem Zeitpunkt, in dem diese 25.000,00 EUR erreichen oder überschreitet, festgelegt. In der Lit. wird daher versucht, durch Argumentation mit der gesellschaftlichen Treuepflicht zu einem entspr. Beschluss zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und damit zur Nutzung der gesetzlichen Kapitalrücklage zu verpflichten, damit Minderheitsgesellschafter in den Genuss der vollen Gewinnausschüttung kommen können. Es bleibt zudem – auch ohne Rückgriff auf die gesellschaftliche Treuepflicht – den Gesellschaftern unbenommen, sich untereinander schuldrechtlich oder durch Regelung im materiellen Teil der Satzung zu einer entspr. Abstimmung zu verpflichten.
§ 150 Abs. 2 AktG, der bei der AG für die gesetzliche Rücklage eine Höchstgrenze festschreibt, findet auf die UG (haftungsbeschränkt) keine Anwendung. Vor dem Hintergrund ist es theoretisch denkbar, dass die UG (haftungsbeschränkt) ein Stammkapital von 1 EUR aufweist, aber eine gesetzliche Rücklage von mehreren Mio. hat.
Weiter gehend hat der Gesetzgeber selbst – und in noch stärkerem Umfang wird es die Gestaltungspraxis tun – den Gesellschaftern Wege aufgezeigt die das Entstehen von bilanziellen (dies ist entscheidend) Gewinnen zu vermeiden helfen. Auf die Möglichkeit, Geschäftsführergehälter, Tantiemen etc. entspr. auszugestalten, weist der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung selbst hin. Denkbar sind ferner die Verzinsung von Gesellschafterdarlehen und Beschäftigung von Familienmitgliedern. Allerdings ist schon hier davor zu warnen, dass gerade die unbedarften Existenzgründer, die der Gesetzgeber im Auge hat, sehr leicht mit der steuerlichen Figur der "verdeckten Gewinnausschüttung" in Berührung kommen werden, wenn sie hier "offensiv" gestalten. Die Verwendung der gebildeten Rücklage hat der Gesetzgeber wie folgt begrenzt:
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Umwandlung in Stammkapital, |
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Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, |
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Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr. |
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber sogar Fehlanreize dahin gehend geschaffen, dass die Gesellschafter Rücklagen und nicht das Stammkapital erhöhen: Denn die Gesellschafter bleiben wesentlich flexibler, wenn sie die Rücklage nicht in Stammkapital umwandeln, sondern sie vielmehr zur Deckung von Verlusten und Verlustvorträgen nutzen können. Denn ohne "Upgrade" zur GmbH bleibt nach einem Ausgleich späterer Verluste immerhin die Möglichkeit im Rahmen des § 5a Abs. 3 Satz 1 GmbHG weiterhin Gewinne an die Gesellschafter auszuschütten. Alternativ stünde bei einer Umwandlung in eine GmbH (ggf.) bei Unterbilanz § 30 GmbHG entgegen.
Es ist in der Lit. unstreitig, dass der Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht zur Rücklagenbildung oder -verwendung zur Nichtigkeit entsprechender Feststellungsbeschlüsse zum Jahresabschluss, analog § 256 AktG, und darauf basierender Gewinnverwendungsbeschlüsse, analog § 253 AktG, führt. Unklar ist jedoch, ob diese Rücklage auch über §§ 30, 31 GmbHG geschützt wird.
In der Lit. wird überwiegend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen § 5a Abs. 3 GmbHG nicht nur einen Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter aus § 812 BGB, sondern auch einen Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG auslöst.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass natürlich vom Schutzansatz her § 30 GmbHG in die gleiche Richtung geht wie § 5a Abs. 3 GmbHG. Es ergeben sich jedoch zwei Unterschiede: Wird gegen § 5a Abs. 3 GmbHG verstoßen und greift Kondiktionsrecht, so läuft die Verjährungsfrist drei Jahre, während sie bei einem Verstoß gegen §§ 30, 31 GmbHG zehn Jahre beträgt.
Der Kondiktionsanspruch nach § 812 BGB, der bei einer Ver...