Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1781
Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach den §§ 207 ff. AktG wird das Grundkapital der Gesellschaft dadurch erhöht, dass Beträge aus den Kapital- und Gewinnrücklagen in das Grundkapital eingestellt werden. Neues Kapital wird der Gesellschaft nicht zugeführt. Unzulässig ist eine solche Umwandlung von Rücklagen bzw. deren Zuführung in Grundkapital nach § 208 Abs. 2 AktG, soweit in der zugrunde liegenden Bilanz ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrags ausgewiesen ist. Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist eine Satzungsänderung. Notwendig ist ein Beschluss der Hauptversammlung. Hierfür gelten grds. die Vorschriften über eine reguläre Kapitalerhöhung (§§ 207 Abs. 2 Satz 1, 182 Abs. 1 AktG). Der Beschluss der Hauptversammlung ist notariell zu beurkunden. Sonderbeschlüsse der Aktionäre verschiedener Aktiengattungen sind nicht erforderlich, da nach § 216 AktG die Anzahl der Aktien proportional erhöht wird und jeder Aktionär Aktien nur derjenigen Gattung erhält, die er vorher schon besessen hat. Die Gesellschaft nimmt mit eigenen Aktien an der Kapitalerhöhung teil (§ 215 Abs. 1 AktG). Auch Rechte Dritter, insb. die aus Wandelschuldverschreibungen auf den Umtausch in Aktien nach § 221 AktG werden nach § 216 Abs. 3 AktG durch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht verändert. Die Bezugs- und Umtauschrechte werden automatisch in demselben Verhältnis erhöht.
Rz. 1782
Durchgeführt wird die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 207 Abs. 2 AktG grds. durch die Ausgabe neuer Aktien. Gesellschaften mit Stückaktien können das Grundkapital auch ohne Ausgabe neuer Aktien erhöhen (§ 207 Abs. 2 Satz 2 AktG). Für Nennbetragsaktien besteht eine Ausnahme bei der Euro-Umstellung (§ 4 Abs. 2 und Abs. 3 EGAktG).
Rz. 1783
Besonderheiten bestehen nach § 215 Abs. 2 AktG für teileingezahlte Aktien. Diese nehmen zunächst im vollen Umfang an der Kapitalerhöhung teil (§ 215 Abs. 2 Satz 1 AktG). Wenn nur teileingezahlte Aktien vorhanden sind, ist die Ausgabe neuer Aktien abweichend von § 207 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 4 AktG nach § 215 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 AktG verboten. Bei Stückaktien bleibt die Beteiligungsquote unverändert, weil sich der anteilige Betrag des Grundkapitals automatisch erhöht. Bei teileingezahlten Nennbetragsaktien darf nur eine Nennbetragserhöhung, jedoch keine Ausgabe neuer Aktien stattfinden, weil den Aktionären anderenfalls bei Ausgabe zusätzlicher voll eingezahlter Aktien zu viel gewährt würde und die Ausgabe zusätzlicher teileingezahlter Aktien darüber hinaus schon daran scheitert, dass bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kein Kapital aufgebracht werden soll und demgemäß auch kein Nachzahlungsanspruch entsteht.
Rz. 1784
Soweit die umgewandelten Rücklagen den Nennbetragsaktien zugewiesen wurden, gilt der erhöhte Nennbetrag als eingezahlt. Die Pflicht zur Zahlung der Resteinlage ist damit betragsmäßig mit der Verbindlichkeit vor Kapitalerhöhung identisch und bleibt bestehen. Sind neben den teileingezahlten Aktien auch voll eingezahlte Aktien vorhanden und handelt es sich dabei um Nennbetragsaktien, enthält § 215 Abs. 2 Satz 3 AktG eine Sonderregelung. Bei den voll eingezahlten Nennbetragsaktien kann die Gesellschaft eine Erhöhung des Nennbetrages durchführen, aber diesbezüglich auch neue Aktien ausgeben. Bzgl. der teileingezahlten Nennbetragsaktien kann demgegenüber nur eine Erhöhung der Nennbeträge erfolgen. Hat die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben und sind neben teileingezahlten auch voll eingezahlte Stückaktien vorhanden, kann die Kapitalerhöhung wegen § 8 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht durch Ausgabe neuer Aktien ausgeführt werden. Soweit die Kapitalerhöhung durch Erhöhung des Nennbetrages der Aktien ausgeführt wird, ist sie nach § 215 Abs. 2 Satz 4 AktG so zu bemessen, dass durch sie keine freien Spitzenbeträge entstehen. Der erhöhte Nennbetrag der Aktien muss also auf volle EUR lauten. Reicht der Erhöhungsbetrag dazu nicht aus, bleibt nur die Umstellung auf Stückaktien.
Rz. 1785
Der Beschluss über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln muss den Betrag, um den das Grundkapital erhöht werden soll, genau festlegen. Eine ziffernmäßige Angabe ist nicht zwingend erforderlich, wenn der Kapitalerhöhungsbetrag anderweitig – etwa durch Angabe einer Rechenoperation – genau beschrieben wird. Zur Vermeidung von Teilrechten sollte ein möglichst glattes Kapitalverhältnis gewählt werden, sodass sich ggf. eine vorherige Kapitalherabsetzung oder reguläre Kapitalerhöhung empfiehlt.
Rz. 1786
Der Beschluss muss angeben, dass die Kapitalerhöhung durch Umwandlung von Rücklagen erfolgen soll und um welche Rücklagen es sich handelt. Statthaft ist die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auch, wenn die Rücklage durch eine Sacheinlage aufgebracht wurde. Eine zusätzliche Anwendung der Sacheinlagevorschriften ist nicht erforderlich. Es genügt eine Intensivierung der Prüfungspflicht des Regis...