Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 185
Das Irreführungsverbot enthält ein allgemeines und umfassendes Verbot durch die Firma oder Teile derselben die angesprochenen Verkehrskreise über Art, Umfang oder sonstige Verhältnisse des Handelsgeschäftes irrezuführen (Grundsatz der Firmenwahrheit). Es gilt nur für verkehrswesentliche geschäftliche Verhältnisse. Darüber hinaus muss die Irreführung im Verfahren vor dem Registergericht ohne aufwendige Beweisaufnahme "ersichtlich" sein (§ 18 Abs. 2 Satz 2 HGB). In der Praxis wird das Irreführungsverbot von den Registergerichten häufig genutzt um eine restriktive Firmenbildungsrechtsprechung durchzusetzen.
Rz. 186
Im Grundsatz keine relevante Irreführungsgefahr geht von der Verwendung des Namens eines Nichtgesellschafters im Firmenkern der GmbH aus. Für die maßgeblichen Verkehrskreise spielt Identität und Zahl der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft keine Rolle, da allein die Gesellschaft selbst Haftungssubjekt ist. Auch können die angesprochenen Personenkreise regelmäßig nicht aus der Firma die Erwartung ableiten, dass eine bestimmte Person aktiv in der Gesellschaft tätig ist oder deren Leistungserbringung überwacht. Eine solche Erwartung wäre schon deshalb nicht gerechtfertigt, da aufgrund der Firmenfortführungsregelungen ohnehin nicht stets die Person Gesellschafter ist, die in der Firma genannt wird. Dies gilt allerdings nicht unbeschränkt. So kann bspw. die Verwendung des Namens einer (lebenden) prominenten Persönlichkeit die Erwartung wecken, bestimmte vertrauensbildende Attribute dieser Person werden sich in der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft niederschlagen. Entsprechendes gilt bei der Verwendung akademischer Grade oder Meistertitel in der Firma, obwohl keine in der Gesellschaft maßgeblich tätige Person diese Qualifikation aufweist.
Der Namensbestandteil "Euro" oder "European" wurde bei einem Verein – unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rspr. – zugelassen, auch wenn dieser mangels entspr. Kontakte oder Aktivitäten keinen bedeutenden europäischen Bezug hatte. Demgegenüber darf aber eine englische Limited nicht mit "Euro-GmbH" beworben werden. Die Gefahr der Irreführung besteht auch in den Fällen, in denen die Firmenbezeichnung den Bestandteil "Bundes" führt (bspw. Bundesdruckerei), da nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen wird, dass die Bundesrepublik Deutschland in diesem Fall zumindest Mehrheitsgesellschafter ist. Ähnlich war die Sachlage im vom BGH entschiedenen Fall zur Unternehmensbezeichnung "LandE-Stadtwerke Wolfsburg GmbH & Co KG". Denn die angesprochenen Verkehrskreise entnähmen der Firma der Klägerin die unwahre Aussage, die öffentliche Hand halte die Anteilsmehrheit an dem Unternehmen mit dem Ergebnis, dass das Publikum einem solchen Unternehmen größeres Vertrauen entgegenbringe und daher bei ihm von einer besonderen Verlässlichkeit und Seriosität ausgehen werde. Hinzu komme die Erwartung einer ausreichenden Bonität und Insolvenzfestigkeit. Das OLG Frankfurt hat jüngst den Namensbestandteil "Holding" als zulässig angesehen, auch wenn die Gesellschaft zum Eintragungszeitpunkt noch nicht über eine Holdingstruktur verfügt.
Demgegenüber musste bei der Bezeichnung "Investment" wegen § 7 Abs. 3 KAGG a.F. der grds. geschaffene Rechtsschein, das Unternehmen betreibe Investmentgeschäfte, positiv und deutlich ausgeschlossen werden. Gleiches dürfte Bezeichnungen für spezifische regulierte Tätigkeitsfelder nach dem neuen KAGB gelten. Der Firmenbestandteil "Institut" ist nur dann nicht irreführend, wenn ein Zusatz den Charakter einer öffentlichen oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehenden Einrichtung ausschließt – z.B. ein Hinweis auf den Tätigkeitsbereich.
Während die Bestandteile "und Partner" sowie "Partnerschaft" ausschließlich den Partnerschaftsgesellschaften vorbehalten sind (§ 11 Abs. 1 PartGG), gilt dies nicht für englische Form "partners". Die Verwendung der Bezeichnung "Sozietät" durch einen Zusammenschluss von Rechtsanwälten, die keine Sozietät in der Form einer GbR bilden, ist dennoch keine unzulässige Irreführung der Rechtsuchenden i.S.d. § 43b BRAO, da die Beauftragung der zusammengeschlossenen Rechtsanwälte dem Rechtsverkehr im Wesentlichen die gleichen Vorteile bietet wie die Mandatierung einer Anwaltssozietät. Denn die § 43b BRAO konkretisierende Bestimmung des § 8 BORA a.F. erfasse als Zusammenarbeit "in sonstiger Weise" nicht nur die im Klammerzusatz genannten klassischen Fallgestaltungen einer Außen(= Schein-)Sozietät (Anstellungsverhältnis, freie Mitarbeit), sondern auch solche Formen der Zusammenarbeit, in denen sich selbstständige Rechtsanwälte oder rechtsfähige Sozietäten als Mitglieder einer Außen(= Schein-)Sozietät gerieren.