Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
aa) Zustimmungsbeschluss
Rz. 2082
Art. 23 Abs. 1 SE-VO sieht vor, dass die Aktionäre der Gründungsgesellschaften dem Verschmelzungsplan in einer Hauptversammlung zustimmen müssen. Detaillierte Angaben macht die Verordnung nicht.
Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des UmwG wurde die Durchführung von Konzernverschmelzung erheblich vereinfacht. Im Fall der Verschmelzung einer ausländischen Aktiengesellschaft zum Zwecke der SE-Gründung nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a) SE-VO mit einer 100 %igen deutschen Tochtergesellschaft, ist ein Verschmelzungsbeschluss des übertragenden (deutschen) Rechtsträgers nach § 62 Abs. 4 UmwG entbehrlich. § 62 Abs. 5 UmwG erlaubt einer übernehmenden Gesellschaft für den Fall, dass sie 9 Zehntel des Stammkapitals oder des Grundkapitals einer übertragenden Kapitalgesellschaft hält, einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out durchzuführen. In diesen Fällen kann zudem nach § 62 Abs. 4 Satz 2 UmwG beim übertragenden Rechtsträger auf einen Verschmelzungsbeschluss verzichtet werden. Die Vorschrift des § 62 Abs. 4 UmwG wurde durch das UmRUG reformiert und die Fristberechnung geändert.
(1) Mehrheitserfordernis
Rz. 2083
Nach Art. 18 SE-VO i.V.m. § 65 Abs. 1 UmwG ist für den Zustimmungsbeschluss eine Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals notwendig.
(2) Formerfordernis
Rz. 2084
Gem. Art. 18 i.V.m. § 13 Abs. 3 UmwG muss der Zustimmungsbeschluss notariell beurkundet werden.
(3) Virtuelle Hauptversammlung
Rz. 2085
Infolge der Corona-Pandemie rückten virtuelle Hauptversammlungen in den Fokus rechtspolitischer Diskussionen. Der neu eingefügte § 118a AktG eröffnet die Möglichkeit zu einer teilvirtuellen Hauptversammlung. Lediglich Notar und Versammlungsleiter müssen in Präsenz anwesend sein, während die übrigen Aktionäre oder deren Bevollmächtigte per Videokonferenz teilnehmen können. Anders als in § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG ist ein unentziehbares Präsenzrecht der Aktionäre nicht mehr vorgesehen.
(4) Genehmigungsvorbehalt
Rz. 2086
Die Hauptversammlungen jeder die Gründung der Europäischen Gesellschaft (SE) anstrebenden AG können sich gem. Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO die Genehmigung der Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft (SE) vorbehalten. Die Kompetenz zur Erteilung der Genehmigung liegt wiederum bei der Hauptversammlung. Das Mehrheits- und das Formerfordernis entspricht dem des Zustimmungsbeschlusses.
bb) Kapitalerhöhung
Rz. 2087
Wie auch bei einer rein nationalen Verschmelzung werden die von einer aufnehmenden Gesellschaft zu gewährenden Anteile durch Kapitalerhöhung geschaffen. Die Erhöhung richtet sich über den Verweis in Art. 18 SE-VO nach §§ 66 ff. UmwG und §§ 182 ff. AktG. Der Beschluss zur Kapitalerhöhung wird i.d.R. zusammen mit dem Zustimmungsbeschluss zum Verschmelzungsplan gefasst. Der vormals nur für Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft geltende Anfechtungsausschluss in § 14 Abs. 2 UmwG wurde im Zuge des UmRUG auch auf Anteilsinhaber der übernehmenden Gesellschaft ausgedehnt. Eine Rüge der Umtauschverhältnis ist künftig über das Spruchverfahren möglich. Dadurch werden Verzögerungsgefahren gesenkt. Denn anders als Anfechtungsklagen wirkt das Spruchverfahren nicht vollzugssuspendierend.
cc) Anerkennung des Spruchverfahrens
Rz. 2088
Die SE-VO erkennt das Instrument des Spruchverfahrens zur Korrektur eines zu niedrig bemessenen Umtauschverhältnisses oder zu niedrigen oder nicht ordnungsgemäß angebotenen Abfindungsangebots grds. an. Allerdings kennen nur die Rechtsordnungen Deutschlands und Österreichs diese prozessuale Möglichkeit. Soweit das Spruchverfahren bei Streitigkeiten über die Höhe des Umtauschverhältnisses oder des Abfindungsangebotes zur Anwendung gelangen soll, müssen die Aktionäre der Gründungsgesellschaften aus Mitgliedstaate...