Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
I. Rechtsnatur
Rz. 2232
Die KGaA ist eine Mischform aus KG und AG. Geregelt ist sie in den §§ 278 ff. AktG. Nach § 278 Abs. 2 und Abs. 3 AktG gilt sowohl das HGB als auch das AktG. Die KGaA ist eine juristische Person. Mit der AG hat sie die Zerlegung eines Teils des Kapitals in Aktien und die Börsenfähigkeit gemeinsam. Eine Parallele zur KG besteht, weil es zwei Gesellschaftergruppen gibt (Kommanditaktionäre und mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter).
Rz. 2233
Dies führt zu fünf verschiedenen Rechtsbeziehungen:
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für das Verhältnis der Komplementäre untereinander gelten die Vorschriften über die KG (§ 278 Abs. 2 AktG), |
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für das Verhältnis der Kommanditaktionäre untereinander gilt Aktienrecht (§ 278 Abs. 3 AktG), |
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für das Verhältnis zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und der Gesamtheit der Kommanditaktionäre gelten die Vorschriften über die KG (§ 278 Abs. 2 AktG), |
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für das Verhältnis zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern und Dritten gelten die Vorschriften über die KG (§ 278 Abs. 2 AktG), |
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für das Verhältnis der KGaA als solcher zu Dritten gelten aufgrund ihrer Eigenschaft als juristische Person die Vorschriften des Aktienrechts. |
Es besteht eine Normenhierarchie. Soweit nicht durch ausdrückliche Verweisung das HGB gilt, gilt das AktG. Innerhalb des AktG gehen die Vorschriften über die KGaA den allgemeinen aktienrechtlichen Bestimmungen vor (§ 278 Abs. 3 AktG).
Rz. 2234
Hinweis
Soweit die Vorschriften des HGB über die KG Anwendung finden, gilt der Grundsatz der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG nicht. Es besteht damit eine wesentlich größere Gestaltungsfreiheit, etwa für die Ausgestaltung der Geschäftsführung und für die Mitwirkungsrechte der Kommanditaktionäre bei Geschäftsführungsmaßnahmen.
II. Erscheinungsformen
Rz. 2235
Die KGaA ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein eines Komplementärs, der unbeschränkt haftet. Daneben gibt es die am Grundkapital der Gesellschaft beteiligten Kommanditaktionäre. In der Praxis gibt es zwei Varianten, die "personalistische KGaA" bzw. die "Unternehmer-Komplementär-KGaA" sowie die "hauptversammlungsorientierte" bzw. "kapitalistische" KGaA.
Rz. 2236
Bei der personalistischen KGaA liegt der Schwerpunkt der Geschäftsführungsbefugnisse bei den Komplementären. Die Komplementärbeteiligung wird als echte unternehmerische Beteiligung gehalten. Der Komplementär fungiert als Unternehmer, bringt sein Vermögen als Komplementäreinlage ein und übernimmt die persönliche Haftung. Möglich ist in dieser Variante auch, dass die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters ähnlich der eines Vorstands einer AG ausgestaltet ist. Die nur für eine bestimmte Zeit berufenen persönlich haftenden Gesellschafter sind am Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Sie nehmen mit Ausnahme der tantiemenabhängigen Vergütung nicht am Gewinn der Gesellschaft teil. Ihre Stellung als Gesellschafter ist kündbar. Sie erhalten eine gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung sowie eine Altersversorgung.
Rz. 2237
Die kapitalistische KGaA ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kommanditaktionäre entscheidende Mitspracherechte bei der Geschäftsführung haben.
Rz. 2238
Die KGaA ist wenig verbreitet. Dies liegt an ihrer komplizierten rechtlichen Struktur. Andererseits wird die KGaA zunehmend als Gesellschaftsform für den Mittelstand und für Familienunternehmen entdeckt: Die Haftungsbeschränkung erfolgt durch Einsetzung einer Kapitalgesellschaft als Komplementär. Auch im Profifußball ist die KGaA in der Form einer GmbH & Co. KGaA verbreitet. Als Vorteil im Gegensatz zur AG wird erkannt, dass der Grundsatz der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG für die KGaA nicht gilt. Damit kann das Verhältnis der Kommanditaktionäre zum Komplementär individuell geregelt werden. Der Einfluss der Familiengesellschafter auf die Geschäftsleitung kann unabhängig von der Kapitalbeteiligung gesichert werden (Trennung von Unternehmensleitung und Finanzierung). Einher geht damit ein effektiver Schutz vor feindlichen Übernahmen. Die Kommanditaktionäre haben keinen Einfluss auf die Auswahl des persönlich haftenden Gesellschafters. Insoweit ist die KGaA auch attraktiv zur Regelung der Unternehmensnachfolge. Die Übertragung der Unternehmensleitung auf eventuelle Nachfolger kann unabhängig von der jeweiligen Hauptversammlungsmehrheit geregelt werden. Erben können als Kommanditaktionäre mit eingeschränkten Entscheidungsbefugnissen am Unternehmen beteiligt werden. Die Weiterveräußerung der Kommanditaktien kann an die Zustimmung der Hauptversammlung gebunden werden, um den Eintritt fremder Dritter in die Gesellschaft zu verhindern. Der Einfluss des Aufsichtsrats in der KGaA auf den Komplementär ist geringer als in der AG. Als Kapitalgesellschaft stehen der KGaA die Kapitalmärkte offen. Akquisitionen lassen sich durch Ausgabe neuer Aktien finanzieren, ohne dass es für die Altgesellschafter zu einer Verwässerung ihrer B...