Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
(1) Fehlende Erfüllungswirkung
Rz. 73
Bei einer verdeckten Sacheinlage befreit die zunächst erbrachte Geldleistung den Gesellschafter nicht von seiner Bareinlageverpflichtung, § 19 Abs. 4 Satz 1 GmbHG. Diese besteht unverändert fort. Infolgedessen kann und darf aber der Geschäftsführer in der Anmeldung nach § 8 GmbHG nicht versichern, dass die Geldeinlage "auf die Geschäftsanteile" geleistet und damit erfüllt sei, da die Anrechnung des Wertes des Sachgegenstandes gem. § 19 Abs. 4 Satz 4 GmbHG nicht vor der Eintragung in das Handelsregister erfolgt. Versichert der Geschäftsführer dies in der Anmeldung wahrheitswidrig doch, macht er sich gem. § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbar.
Erkennt der Registerrichter die verdeckte Sacheinlage, muss er ferner die Eintragung gem. § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG ablehnen.
(2) Wirksame Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäfte
Rz. 74
Von der fehlenden Erfüllungswirkung der Sacheinlage zu trennen ist die Wirksamkeit sowohl des schuldrechtlichen Verfügungs- als auch des dinglichen Erfüllungsgeschäfts bzgl. der verdeckten Sacheinlage, die unberührt bleibt, § 19 Abs. 4 Satz 2 GmbHG.
(3) Anrechnung
Rz. 75
Gem. § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG wird der Wert des eingebrachten Vermögensgegenstandes auf die verbleibende Geldeinlagepflicht angerechnet. Die Anrechnung erfolgt kraft Gesetzes und bedarf hierfür weder einer Willenserklärung des Inferenten noch der Zustimmung der anderen Gesellschafter. Die verdeckte Sacheinlage kann aufgrund der Anrechnung (zumindest teilweise) befreiende Wirkung für den leistenden Gesellschafter entfalten, obwohl im Gesellschaftsvertrag Bareinlagen vereinbart wurden. Der Minderheitsgesellschafter kann allerdings notfalls – sofern er von dem Geschäft erfährt – den Geschäftsführer im Rechtswege an einer entspr. Vereinbarung durch Feststellungsklage betreffend die Unzulässigkeit oder mit einer Untersagungsverfügung im einstweiligen Rechtsschutz hindern.
Da die Anrechnung auf die Bareinlagepflicht im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. im Zeitpunkt der Überlassung des Gegenstandes, sofern dieser später eingebracht wird, erfolgt, kann damit auch keine nachträgliche Erfüllungswirkung weder für die Anmeldung noch für das Eintragungsverfahren selbst erreicht werden. Somit bleiben das oben dargestellte Eintragungshindernis und die strafrechtliche Sanktion für eine falsche Versicherung bestehen.
Davon zu unterscheiden ist aber der Zeitpunkt der Bewertung des Vermögensgegenstandes. Dieser wurde vom Gesetzgeber auf den Zeitpunkt der Anmeldung respektive der späteren Überlassung festgelegt, § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG. Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Anmeldung entspricht der Regelung in § 9 GmbHG zur Differenzhaftung bei der offenen Sacheinlage. Dies bedeutet, dass nachträgliche Wertsteigerungen, wie auch bei der Differenzhaftung, irrelevant sind.
(4) Anrechnung bei der verdeckten gemischten Sacheinlage
Rz. 76
Zur in der Rspr. inzwischen etablierten Variante der verdeckten gemischten Sacheinlage hat der BGH zwar keine Ausführungen zur Dogmatik der Anrechnung, jedoch instruktive Hinweise zur konkreten Durchführung der Anrechnung und zur Abgrenzung bzw. Kumulation mit der Kapitalerhaltung nach §§ 30, 31 GmbHG gemacht.
Ausgangspunkt für die Anrechnung ist der Fall der einfachen verdeckten Sacheinlage. Deckt der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands bei der einfachen verdeckten Sacheinlage den Betrag der Bareinlageverpflichtung vollständig ab, erlischt die Einlageforderung der Gesellschaft durch Anrechnung. Erreicht der Wert dagegen diesen Betrag nicht, bleibt die Einlageverbindlichkeit des Gesellschafters i.H.d. Differenz offen.
Bei der verdeckten gemischten Sacheinlage ist der Wert des Vermögensgegenstands bei der Anrechnung gleichsam "von oben nach unten" in Ansatz zu bringen: Der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands ist zunächst von dem von der Gesellschaft zusätzlich zu den Anteilen erbrachten Betrag abzuziehen und erst dann von der Einlageforderung. Andernfalls würde unberücksichtigt bleiben, dass die Gesellschaft in der Höhe der von ihr zusätzlich erbrachten Leistung den Vermögensgegenstand selbst finanziert und dies wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung nicht zugunsten des Gesellschafters berücksichtigt werden darf.
Deckt der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstands bei der verdeckten gemischten Sacheinlage den Betrag der Bareinlageverpflichtung und den Betrag der von der Gesellschaft zusätzlich erbrach...