Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2008
Den Zeichnern der neuen Aktien steht das Recht zu, den Zeichnungsvertrag aus wichtigem Grund nach § 313 Abs. 2, 3 BGB zu kündigen, wenn sie über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft unzutreffend informiert worden sind. Dieses Recht zur Kündigung besteht nur bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister. Mit der Handelsregistereintragung erlischt das Kündigungsrecht des Zeichners/Übernehmers.
Rz. 2009
Neben dem Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund haben die Aktionäre die Möglichkeit, den Vorstand anzuweisen, den Kapitalerhöhungsbeschluss nicht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ebenso können sie die Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses beschließen. Dies gilt nicht nur in den Fällen, in denen bis zur Verfahrenseröffnung noch kein Zeichnungsvertrag geschlossen worden ist, weil hier die Einlageforderung ggü. den Zeichnern noch nicht entstanden ist, sodass durch den Aufhebungsbeschluss auch keine Schmälerung der Masse eintritt. Vielmehr gilt dies auch dann, wenn bis zur Verfahrenseröffnung sowohl der Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst als auch der Zeichnungsvertrag abgeschlossen worden ist. Der Insolvenzverwalter kann darauf keinen Einfluss nehmen. Zum einen ist der Kapitalerhöhungsbeschluss noch nicht wirksam, solange er noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist. Zum anderen haben die Aktionäre immer die Möglichkeit, den noch nicht im Handelsregister eingetragenen Kapitalerhöhungsbeschluss aufzuheben.
Rz. 2010
Der Insolvenzverwalter kann eine bei Verfahrenseröffnung beschlossene Kapitalerhöhung nur dann als Mittel der Masseanreicherung nutzbar machen, wenn die Satzungsänderung mit konstitutiver Wirkung in das Handelsregister eingetragen wurde. Zwar ist der Aktionär im Innenverhältnis ggü. der Gesellschaft aufgrund des Zeichnungsvertrages sofort wirksam gebunden, wenn auch unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch Eintragung. Sofern keine Registereintragung erfolgt, kann der Beschluss der Hauptversammlung jedoch auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wirksam aufgehoben werden. Der Insolvenzverwalter kann die Aktionäre gegen deren Willen nicht zwingen, die Kapitalerhöhung zu Ende zu führen. Ebenso wenig kann der Insolvenzverwalter aus eigenem Recht den Kapitalerhöhungsbeschluss zur Eintragung in das Handelsregister anmelden und dadurch wirksam machen. Er hat keine Rechtsmacht, die insolvente Gesellschaft im Rahmen eines Registerverfahrens auf Eintragung einer beschlossenen Kapitalerhöhung zu vertreten. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nur das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Solange ein Kapitalerhöhungsbeschluss noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, hat er den gesellschaftsrechtlichen Bereich der Gesellschaft nicht verlassen. Deshalb unterfällt der Kapitalerhöhungsbeschluss auch nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Solange die Handelsregistereintragung noch aussteht, verschafft der Kapitalerhöhungsbeschluss der Insolvenzmasse weder ein Recht noch eine Anwartschaft, sondern allenfalls die rein tatsächliche Aussicht auf einen endgültigen Erwerb neuer Einlageforderungen.
Rz. 2011
Letztlich ist in der Insolvenz auch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung sowie ein Kapitalschnitt, also die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung zulässig (mit der Kapitalherabsetzung wird eine Unterbilanz beseitigt; mit der Kapitalerhöhung wird neues Kapital zugeführt). Unzulässig soll nach einer Ansicht dagegen eine normale Kapitalherabsetzung sein. Einschränkungen sind jedoch nicht geboten, da die Interessen der Gläubiger nicht durch die Kapitalherabsetzung, sondern durch die bereits eingetretenen Verluste gefährdet werden.