Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 658
Zulässig ist auch eine sog. "Kaskaden-Gründung" (Stafettengründung, Pyramidengründung). Hierbei wird mit einer Geldeinlage eine AG im Wege der Bargründung gegründet. Diese gründet zeitnah mit demselben Geldbetrag eine weitere AG und bringt diese Geldeinlage dort als Einlage ein, die sie sodann für die Gründung einer weiteren AG verwendet, usw. Mit einem einmaligen Geldbetrag werden mithin mehrere Gesellschaften hintereinander gegründet.
Rz. 659
Eine Vor-AG, die selbst zwar gegründet, aber noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, kann Gründerin und Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft sein. Die Vor-AG ist rechts- und parteifähig. Auch ist der Vorstand der Vor-AG berechtigt, über die Gründungsgeschäfte hinaus weitere Verpflichtungsgeschäfte für die Vor-AG abzuschließen und diese umfänglich zu vertreten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Gründer ihn hierzu ausdrücklich ermächtigt haben (s. dazu oben Rdn 641).
Rz. 660
Problematisch erscheint demgegenüber die Erklärung in der Handelsregisteranmeldung über die endgültig freie Verfügung des Einlagebetrages (§ 36 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 AktG). Entscheidend ist jedoch, dass der Einlagebetrag nicht an den oder die Gründer zurückfließt, sondern an eine selbstständige neue Gesellschaft. Aus demselben Grund steht dem auch eine etwaige schuldrechtliche "Verwendungsbindung" – jedenfalls nach h.M. – nicht entgegen (s.o. Rdn 640).
Rz. 661
Die Kaskaden-Gründung wahrt den Grundsatz der "wertgleichen Deckung" (s.o. Rdn 641). Anstelle des Barbetrages auf dem Konto der (ersten) Gesellschaft als Aktivum steht nunmehr die Beteiligung an der "Tochter-AG". Diese Beteiligung ist dann vollwertig und damit auch "wertgleich". Voraussetzung dafür ist aber, dass sämtliche Gründungskosten bei den jeweiligen Gründungsvorgängen – nicht wie üblich – von der Gesellschaft, sondern von den Gründern bezahlt werden und die Gesellschaft auch sonst bis zu ihrer Eintragung im Handelsregister nicht am Geschäftsverkehr teilnimmt. Weitere Voraussetzung ist die Volleinzahlung des Grundkapitals bei der jeweiligen Gründung. Es droht auch keine Unterbilanzhaftung (s.u. Rdn 747).
Rz. 662
Bei der Kaskaden-Gründung liegt auch keine verdeckte Sacheinlage vor (s. dazu unten Rdn 692 ff.). Der Einlagebetrag wird nicht an den Gründer zurückgeleistet, sondern an eine neue Gesellschaft. Ein Mittelrückfluss findet nicht statt.