I. Grundlagen
Rz. 17
Neben den eingangs geschilderten Problemen, die sich bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung im Zusammenhang mit der unbeschränkten Gesellschafterhaftung ergeben, werden bei Personengesellschaften noch weitere Fragen virulent:
Die Gesellschafter einer Personengesellschaft müssen grundsätzlich keine externe Entscheidungsträgerperson in ihren Reihen dulden. Es gilt das Prinzip der Höchstpersönlichkeit. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn der Gesellschaftsvertrag dies entweder zulässt oder alle Gesellschafter einer Übertragung von Mitverwaltungsrechten ausdrücklich zugestimmt haben.
Rz. 18
Enthält der Gesellschaftsvertrag weder eine Klausel, die eine Testamentsvollstreckung zulässt und haben die Gesellschafter der Mitsprache eines Testamentsvollstreckers auch nicht zugestimmt, muss im Hinblick auf die Wirksamkeit der Amtsführung zwischen Außen- und Innenseite der Beteiligung unterschieden werden. Die Außenseite der Beteiligung kann nach dem BGH auch dann der Testamentsvollstreckung unterliegen, wenn die Mitgesellschafter dieser nicht zugestimmt haben. Ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers kann der Erbe daher weder Verfügungen über seine Beteiligung vornehmen noch vermögensrechtliche Ansprüche (Gewinnansprüche, Abfindungsguthaben) durchsetzen. Im Innenverhältnis kann der Testamentsvollstrecker ohne das Einverständnis der Gesellschafter keine innergesellschaftlichen Rechte (Stimm-, Auskunfts-, Einsichtsrechte) wahrnehmen.
Auch wenn die Gesellschafter der Testamentsvollstreckung über die gesamte Beteiligung zugestimmt haben, ist der Testamentsvollstrecker in seiner Handlungsfreiheit beschränkt. Die Grenzen der Wirksamkeit seines Handelns liegen in der Ausübung nach den Maßstäben einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Unentgeltliche Verfügungen darf der Testamentsvollstrecker nicht vornehmen. Einseitig belastende Modifikationen des Gesellschaftsvertrags sind deshalb nur dann zulässig, wenn sie unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erforderlich sind und der Gesellschaft nutzen.
Rz. 19
Die Frage der Zugehörigkeit eines Personengesellschaftsanteils zum Nachlass dürfte mittlerweile nach höchstrichterlicher Stellungnahme entschieden sein.
Bei persönlich haftenden Gesellschaftsanteilen ist zudem die vom BGH entwickelte Kernbereichstheorie zu beachten. Danach muss zwischen der Außenseite und der Innenseite der Gesellschaftsbeteiligung unterschieden werden. Im Rahmen der Innenseite, also bei höchstpersönlichen Gesellschafterrechten, ist jedem Dritten infolge der Höchstpersönlichkeit die Ausübung grundsätzlich verwehrt, denn es handelt sich hierbei um unentziehbare Gesellschafterrechte. Somit kann in diesem Bereich unter Zugrundelegung der Kernbereichstheorie auch keine Testamentsvollstreckung stattfinden. Unter die höchstpersönlichen Gesellschafterrechte fallen z.B. das Stimmrecht, die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen sowie Informations- und Kontrollrechte. Überschneiden sich Außen- und Innenseite, betreffen also die Mitwirkungsrechte auch das vermögensrechtliche Außenverhältnis, so besteht bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung ein Zustimmungsrecht des Testamentsvollstreckers zu Maßnahmen des Gesellschafter-Erben. Hinzu kommt eine gewisse beaufsichtigende Funktion des Testamentsvollstreckers im Außenbereich, z.B. bei Gewinnansprüchen und im Hinblick auf das Auseinandersetzungsguthaben. Zwischenzeitlich hat sich der BGH jedoch von einer strengen Anwendung der Kernbereichstheorie distanziert. Er stellt vorrangig darauf ab, ob der Eingriff in die individuelle Rechtsstellung des Gesellschafters im Interesse der Gesellschaft geboten und dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist.
Rz. 20
Der Testamentsvollstrecker kann nur mit Zustimmung des Erben in unentziehbare Rechte (z.B. Änderungen im Hinblick auf die handelsrechtliche Haftung, Ausübung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund) eingreifen. Genauso wenig besteht die Möglichkeit, diese unentziehbaren Rechte per Mehrheitsbeschluss abzuändern. Eine Änderung kann nur im Rahmen der ursprünglichen Satzung bzw. des zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrags herbeigeführt werden.
Der Testamentsvollstrecker darf auch nicht an Satzungsänderungen mitwirken, die eine Leistungspflicht begründen, die aus dem Nachlass nicht beglichen werden kann. Genauso wenig kann er Handlungen vornehmen, die zu einem einseitigen Rechtsverlust für die Gesellschafter führen.
Rz. 21
Die Testamentsvollstreckung an Personengesellschaftsanteilen hat mithin hauptsächlich zweierlei Konsequenzen: Sie unterbindet eine freie Verfügungsbefugnis des Erben über den Gesellschaftsanteil und entzieht Eigengläubigern des Erben die Möglichkeit, auf das im Nachlass befindliche und durch Testamentsvollstreckung gebundene Vermögen zuzugreifen.