Dr. Lutz Förster, Dennis Ch. Fast
Rz. 86
Die Frage, wann eine Einigung vorliegt, bestimmt sich nach Nr. 1000 VV RVG. Die Einigungsgebühr entsteht nur dann, wenn der Rechtsanwalt bei der Einigung auch mitgewirkt hat. Hierfür ist beispielsweise ausreichend, dass eine Beratung dahingehend erfolgt, einen widerruflich abgeschlossenen Vergleich nicht zu widerrufen. Die Mitwirkung muss für den späteren Vergleich ursächlich sein. Wird die Klage zurückgenommen, kann dies ebenfalls eine Einigungsgebühr auslösen, und zwar, wenn dadurch eine Einigung zustande kommt und die Klage als Teil der Einigung zurückgenommen wird.
Rz. 87
Zwischen den Parteien der Einigung muss ein Rechtsverhältnis streitig sein. Hierbei ist nicht erforderlich, dass ein Rechtsverhältnis tatsächlich besteht. Es genügt, wenn ein solches Rechtsverhältnis von einer der Parteien behauptet wird. Der Streit über das Bestehen und den Umfang des Rechtsverhältnisses soll ja gerade durch die Einigung beseitigt werden. Der Begriff des Rechtsverhältnisses ist hierbei äußerst weit zu fassen.
Rz. 88
Weiterhin müssen die Parteien den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch ein Nachgeben beseitigt haben. Hierbei ist ein gegenseitiges Nachgeben nicht mehr erforderlich. Anerkenntnis und Verzicht reichen jedoch nicht aus, so dass es dabei bleibt, dass ein Mindestmaß an Nachgeben erforderlich bleiben wird. An dieses Tatbestandsmerkmal sind keine hohen Voraussetzungen zu knüpfen. Jedes noch so geringe Opfer reicht aus.
Rz. 89
Mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz, welches zum 1.1.2021 in Kraft getreten ist, ist zudem die Vorbemerkung 1 VV RVG wie folgt ergänzt worden:
Zitat
"Die Gebühren dieses Teils entstehen neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren oder einer Gebühr für die Beratung nach § 34 RVG."
Die Ergänzung bewirkt, dass in einem Beratungsmandat nach § 34 RVG auch eine Einigungs-, Aussöhnungs- oder Erledigungsgebühr nach den Nr. 1000–1006 VV RVG anfallen kann.
Diese Regelung ist für den Mandanten auch nicht nachteilig, da dieser hinreichend durch § 49b Abs. 5 BRAO geschützt wird. Gemäß § 49b Abs. 5 BRAO hat der Rechtsanwalt den Mandanten in den Fällen, in denen die zu erhebende Gebühr sich nach dem Gegenstandswert richtet, wie dies bei der Einigungsgebühr in der Regel der Fall sein wird, vor der Übernahme des Auftrages darauf hinzuweisen (vgl. Rdn 40 ff. zu den weiteren Hinweispflichten). Die Hinweispflicht des § 49b BRAO dient der Konkretisierung der allgemeinen Berufspflicht des Rechtsanwalts und soll den Mandanten insbesondere bei hohen Gegenstandswerten auf die Abrechnungsgrundlage der von ihm zu entrichtenden Vergütung aufmerksam machen und ihm die Möglichkeit eröffnen, gegebenenfalls weitere Fragen hierzu an den Anwalt zu richten. Darüber hinaus will der Gesetzgeber mit der Ergänzung klarstellen, dass neben den in § 34 RVG genannten Gebühren für die Mediation und die Gutachtenerstellung eine Anwendung der Vorschriften des Teil 1 VV RVG nicht in Betracht kommt. Weiterhin bewirkt die Ergänzung auch nicht, dass neben der Beratungsgebühr nach § 34 RVG auch der Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV RVG entsteht. Gemäß Nr. 1008 VV RVG kommt eine Erhöhung nur bei Geschäfts- und Verfahrensgebühren in Betracht. Die Beratungsgebühr nach § 34 RVG stellt eine solche Gebühr nicht dar.