1. Grundsatz gleicher Teilhabe im Verhältnis zwischen M und F1
Rz. 29
Erachtet man im Hinblick auf den üblichen Erwerbstätigenbonus von 10 % die Differenz zwischen dem Betrag, den M zur Verfügung hat (1.706 EUR) und dem von F1 (1.625 EUR) für zu gering, könnte der Unterhalt von F1 etwas gekürzt werden. Zur Problematik der Wechselwirkung der Ehegattenunterhaltsansprüche bei Gleichrang vgl. Fall 43 (siehe § 13 Rdn 1).
2. Dreiteilungsmethode im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit?
Rz. 30
Der BGH hat es revisions- bzw. rechtsbeschwerderechtlich nicht beanstandet, bei Gleichrang im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit (§ 1581) mit der Dreiteilungsmethode zu rechnen.
BGH, Beschl. v. 7.5.2014 – XII ZB 258/13
Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281).
Einkommen des M: 3.000 EUR
Einkommen der F1: 500 EUR
Einkommen der F2: 1.500 EUR
Summe: 5.000 EUR
Dreiteilung: 5.000 EUR : 3 = 1.666 EUR
Unterhaltshöhe:
F1: 1.166 EUR (1.666 – 500 EUR)
F2: 166 EUR (1.666 – 1.500 EUR)
Rz. 31
Als eine Möglichkeit der rechnerischen Umsetzung der Billigkeitsentscheidung wird für den Fall des Gleichrangs der Ehefrauen also die Dreiteilung angesehen.
Dies bedeute keine generelle Rückkehr zur Dreiteilungsmethode auf anderer Prüfungsstufe (Leistungsfähigkeit statt Bedarfsermittlung). Die Dreiteilung komme vielmehr nur bei einem Gleichrang der Ehefrauen zur Anwendung. Dies steht nach Ansicht des BGH nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die Dreiteilung auf der Bedarfsebene und unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Ehen abgelehnt wurde (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen.
Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte.
Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn 55).
Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.).
Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen. Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks 16/1830 S. 23).
Rz. 32
Bei der Dreiteilung sei das gesamte Einkommen von M, F1 und F2 zu berücksichtigen.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn 40 ff.).
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba, FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch, FamRZ 2011, 597, 599).
Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf s...