Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 53
Für Kindschaftssachen im Verbund ist nicht § 45 FamGKG anzuwenden, da dieser lediglich für selbstständige Kindschaftssachen gilt; vielmehr enthält § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG eine gesonderte Regelung. Danach ist ein Verfahrenswert in Höhe von 20 % des Werts der Ehesache anzusetzen, höchstens jedoch 3.000,00 EUR. Das Gesetz spricht zwar davon, dass sich der Wert der Ehesache "erhöht". Gemeint ist jedoch, dass die Kindschaftssache einen eigenen selbstständigen Wert hat.
Beispiel 24: Gegenstandswert Verbundverfahren mit Kindschaftssache (I)
Der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens beträgt 9.000,00 EUR für die Ehesache und 2.700,00 EUR für den Versorgungsausgleich. Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge.
Der Wert der Folgesache elterliche Sorge beträgt gem. § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG 20 % x 9.000,00 EUR = 1.800,00 EUR. Damit ergibt sich ein Gegenstandswert für das Scheidungsverfahren in Höhe von 13.500,00 EUR.
Beispiel 25: Gegenstandswert Verbundverfahren mit Kindschaftssache (II)
Der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens beträgt für die Ehesache 30.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR. Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge für ein Kind.
Jetzt würde sich der Wert der Folgesache elterliche Sorge auf 20 % x 30.000,00 EUR = 6.000,00 EUR belaufen. Dieser Wert wird auf 3.000,00 EUR begrenzt. Damit ergibt sich ein Gegenstandswert für das Scheidungsverfahren in Höhe von 35.700,00 EUR.
Rz. 54
Bei Unbilligkeiten kann nach § 44 Abs. 3 FamGKG der prozentuale Betrag herauf- oder herabgesetzt werden. Auch der Höchstwert von 3.000,00 EUR kann dabei überschritten werden.
Rz. 55
Sind mehrere Kinder betroffen, ist nur von einem Gegenstand auszugehen (§ 44 Abs. 2 S. 1, Hs. 2 FamGKG). Das Gesetz fingiert also auch bei mehreren Kindern im Verbund nur einen Gegenstand, so dass nur einmal nach § 44 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 FamGKG zu bewerten ist.
Beispiel 26: Gegenstandswert Verbundverfahren mit Kindschaftssache (mehrere Kinder) (I)
Der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens beträgt für die Ehesache 9.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR. Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge für drei Kinder.
Es bleibt auch hier beim Wert der Folgesache elterliche Sorge in Höhe von 20 % x 9.000,00 EUR = 1.800,00 EUR.
Rz. 56
Allerdings kann die Anzahl der Kinder zu einer Unbilligkeit i.S.d. § 44 Abs. 3 FamGKG führen, insbesondere dann, wenn hinsichtlich der jeweiligen Kinder unterschiedliche Regelungen zu treffen sind (siehe hierzu § 7 Rdn 106).
Beispiel 27: Gegenstandswert Verbundverfahren mit Kindschaftssache (mehrere Kinder) (II)
Der Verfahrenswert des Scheidungsverfahrens beträgt für die Ehesache 9.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR. Die Ehefrau beantragt das Umgangsrecht für die beim Vater lebende Tochter. Der Vater beantragt das Umgangsrecht für den bei der Mutter lebenden Sohn. Darüber hinaus streiten die Eltern über das Umgangsrecht einer gemeinsamen Tochter, die in einer Behinderteneinrichtung untergebracht ist.
Hier wäre es wohl gerechtfertigt, den Regelwert von 1.800,00 EUR anzuheben.
Rz. 57
Werden wechselseitige Anträge zur selben Kindschaftssache gestellt, bleibt es ebenfalls beim einfachen Wert (§ 39 Abs. 1 S. 1, 3 FamGKG). Allerdings kann auch hier wegen der besonderen Bedeutung und des möglicherweise größeren Umfangs eine Unbilligkeit i.S.d. § 44 Abs. 3 FamGKG gegeben sein, die eine Wertanhebung rechtfertigt.
Beispiel 28: Gegenstandswert Verbundverfahren mit wechselseitigen Anträgen zur selben Kindschaftssache
Im Scheidungsverfahren beträgt der Wert der Ehesache 9.000,00 EUR und der des Versorgungsausgleichs 2.700,00 EUR. Die Ehefrau beantragt die Übertragung der elterlichen Sorge. Der Ehemann stellt daraufhin den Antrag, ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen.
Es liegt nur eine Kindschaftssache vor, so dass vorbehaltlich des § 44 Abs. 3 FamGKG von 20 % der Ehesache auszugehen ist, also 1.800,00 EUR. Der Verfahrenswert des Verbundverfahrens beläuft sich damit auf 13.500,00 EUR.
Rz. 58
Sind dagegen mehrere Kindschaftssachen Teil des Verbundverfahrens, dann sind diese einzeln zu bewerten und zusammenzurechnen.
Beispiel 29: Gegenstandswert mehrere Kindschaftssachen im Verbund
Im Scheidungsverfahren beträgt der Wert der Ehesache 9.000,00 EUR und der des Versorgungsausgleichs 2.700,00 EUR. Die Ehefrau beantragt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge. Der Ehemann stellt einen Antrag zum Umgangsrecht.
Es liegen zwei verschiedene Kindschaftssachen vor, die jeweils nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG gesondert zu bewerten sind, so dass hier – vorbehaltlich der Regelung des § 44 Abs. 3 FamGKG – für jede Kindschaftssache 20 % der Ehesache (1.800,00 EUR) anzusetzen sind. Der Verfahrenswert des Verbundverfahrens beträgt also insgesamt 15.300,00 EUR.
Rz. 59
Auch in Kindschaftssachen sind nach zutreffender Ansicht Zwischeneinigungen möglich. Allerdings wird hier i.d.R. dann ein geringerer Wert angenommen, wobei häufig vo...