Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 191
Der Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 40 FamGKG. Gem. § 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG kommt es auf die gestellten Anträge an. Insoweit kann auf die Ausführungen zu den erstinstanzlichen Verfahren Bezug genommen werden (siehe hierzu § 7 Rdn 374 ff., § 8 Rdn 343 ff.).
Beispiel 103: Beschränkte Beschwerde
Das FamG hat die Scheidung ausgesprochen (Werte: Ehesache 9.000,00; Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR) und den Ehemann zur Zahlung von Zugewinn in Höhe von 50.000,00 EUR verpflichtet sowie zu 500,00 EUR monatlichem nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann legt Beschwerde nur gegen die Folgesache Versorgungsausgleich ein. Später nimmt er die Beschwerde zurück, ohne einen Antrag gestellt zu haben.
Es gilt nur der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich, da nur diese angefochten worden ist.
Beispiel 104: Unbeschränkte Beschwerde, beschränkter Antrag
Das FamG hat die Scheidung ausgesprochen (Werte: Ehesache 9.000,00; Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR) und den Ehemann zur Zahlung von Zugewinn in Höhe von 50.000,00 EUR verpflichtet sowie zu 500,00 EUR monatlichem nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann legt Beschwerde ein. Später begründet er die Beschwerde und beantragt in Abänderung des Beschlusses des FamG zum Versorgungsausgleich anders zu entscheiden. Später nimmt er die Beschwerde zurück.
Es gilt auch hier nur der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich, da nur diesbezüglich ein Antrag gestellt worden ist.
Rz. 192
Eine Beschränkung kann sich insbesondere in Versorgungsausgleichssachen ergeben. Maßgeblich für die Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren sind nur diejenigen Anrechte, die auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden sind.
Beispiel 105: Beschränkter Antrag
Das FamG hat im Scheidungsverbundverfahren über fünf Anrechte entschieden (Verfahrenswert 6.200,00 EUR). Der Anwalt des Antragsgegners legt dagegen Beschwerde ein und beantragt, den Beschluss des FamG hinsichtlich eines Anrechts abzuändern.
Es gilt nach § 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG der Wert des Antrags, also das Abänderungsinteresse hinsichtlich eines Anrechts, somit 1.200,00 EUR.
Rz. 193
Wird kein Antrag gestellt oder erst nach Ablauf der Begründungsfrist, gilt der Wert der Beschwer (§ 40 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Gleiches gilt, wenn rechtsmissbräuchlich nur ein geringer Antrag gestellt wird. Zu beachten ist, dass mangels anderweitiger Angaben die Beschwer des gesamten Verbundverfahrens anzusetzen sein kann.
Beispiel 106: Unbeschränkte Beschwerde, fehlender Antrag
Das FamG hat die Scheidung ausgesprochen (Werte: Ehesache 9.000,00; Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR) und den Ehemann zur Zahlung von Zugewinn in Höhe von 50.000,00 EUR verpflichtet sowie zu 500,00 EUR monatlichem nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann legt durch seinen Anwalt Beschwerde ein, da er der Auffassung ist, dass der Versorgungsausgleich falsch berechnet worden sei. Später nimmt er die Beschwerde zurück, ohne einen Antrag gestellt zu haben.
Es gilt der volle Wert der Beschwer, also 67.700,00 EUR, da der Anwalt keinen Antrag gestellt und die Beschwerde auch nicht auf die Folgesache Versorgungsausgleich beschränkt hatte.
Rz. 194
Die Werte wechselseitiger Beschwerden werden zusammengerechnet, sofern sie nicht denselben Verfahrensgegenstand betreffen (§ 39 Abs. 2 FamGKG).
Beispiel 107: Wechselseitige Beschwerden, Unterhalt und Zugewinn
Das FamG hat die Scheidung ausgesprochen (Werte: Ehesache 9.000,00; Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR) und den Ehemann zur Zahlung von Zugewinn in Höhe von 50.000,00 EUR verpflichtet. Den Antrag der Ehefrau auf monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 500,00 EUR hat das Gericht zurückgewiesen. Der Ehemann legt gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Zugewinn Beschwerde ein, die Ehefrau gegen die Abweisung ihres Unterhaltsantrags.
Es liegen verschiedene Gegenstände zugrunde. Die Werte der beiden Anträge 50.000,00 EUR sowie (12 x 500,00 EUR =) 6.000,00 EUR sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 2 FamGKG), so dass ein Wert in Höhe von 56.000,00 EUR gilt.
Rz. 195
Betreffen die wechselseitigen Beschwerdeanträge denselben Gegenstand, gilt nur der höhere Wert.
Beispiel 108: Wechselseitige Beschwerden zur Ehesache
Das FamG hat die Scheidungsanträge beider Ehegatten zurückgewiesen. Beide Ehegatten legen dagegen Beschwerde ein.
Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde, so dass nach § 39 Abs. 2 FamGKG nur der einfache Wert der Ehesache gilt.
Beispiel 109: Wechselseitige Beschwerden zum Versorgungsausgleich
Beide Eheleute legen gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde ein.
Es liegt derselbe Gegenstand zugrunde, so dass nach § 39 Abs. 2 FamGKG nur der einfache Wert der Folgesache Versorgungsausgleich gilt.
Rz. 196
Zu beachten ist, dass der Wert des Beschwerdeverfahrens nach § 40 Abs. 2 FamGKG nie höher sein kann als der Wert der vorangegangenen Instanz, es sei denn, die Anträge sind erweitert worden. Ein solcher Fall kommt häufig in Unterhaltssachen vor, wenn sich der Beschwerdeführer nur gegen einen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen ...