Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Überblick
Rz. 157
Ist dem Verbundverfahren eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus der Ehesache oder einer Folgesache vorausgegangen, so ist diese hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des Verbundverfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).
Rz. 158
Achtzugeben ist, dass nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV nur bei demselben Gegenstand anzurechnen ist. Daran fehlt es, wenn der Anwalt außergerichtlich mit dem Trennungsunterhalt beauftragt war und im gerichtlichen Verfahren den Auftrag für den nachehelichen Unterhalt erhält.
Beispiel 82: Keine Anrechnung bei Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt
Der Anwalt hatte außergerichtlich über Trennungsunterhalt verhandelt. Später wird er beauftragt, Unterhalt für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung geltend zu machen.
Eine Anrechnung scheidet aus, da Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt zwei verschiedene Gegenstände sind.
Beispiel 83: Keine Anrechnung bei Geltendmachung Überlassung Ehewohnung für die Zeit der Trennung und nach der Scheidung
Der Anwalt hatte außergerichtlich über die Überlassung der Ehewohnung während der Trennungszeit verhandelt. Später wird die Überlassung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung im Verbund anhängig gemacht.
Eine Anrechnung scheidet aus, da die Überlassung der Ehewohnung für die Trennungszeit einen anderen Gegenstand betrifft als die Überlassung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Scheidung.
b) Anrechnung in der Ehesache
Rz. 159
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht kann der Anwalt auch hinsichtlich der Ehesache außergerichtlich tätig werden, etwa indem der Trennungszeitraum abgeklärt wird, indem die Voraussetzungen einer einvernehmlichen Scheidung geklärt oder auch nur die Trennungsvoraussetzungen geschaffen werden. Daher kommt auch insoweit eine Anrechnung in Betracht.
Beispiel 84: Anrechnung der Geschäftsgebühr aus Ehesache
Der Anwalt war außergerichtlich hinsichtlich der Ehesache tätig und hat insbesondere mit der Gegenseite geklärt, ab wann von der Trennung der Eheleute auszugehen ist und dass die Gegenseite sich mit einer einvernehmlichen Scheidung einverstanden erklären wird. Hiernach wird der Scheidungsantrag eingereicht und die Scheidung durchgeführt. Das FamG setzt die Werte wie folgt fest: Ehesache 9.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR.
I. |
Außergerichtliche Vertretung Ehesache |
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(Wert: 9.000,00 EUR) |
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1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
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659,10 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
679,10 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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129,03 EUR |
Gesamt |
|
808,13 EUR |
II. |
Verbundverfahren |
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(Wert: 11.700,00 EUR) |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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785,20 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,65 aus 9.000,00 EUR |
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– 329,55 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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724,80 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.200,45 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
228,09 EUR |
Gesamt |
|
1.428,54 EUR |
c) Anrechnung in einer Folgesache
Rz. 160
Möglich ist auch, dass nur aus einer Folgesache anzurechnen ist.
Beispiel 85: Anrechnung der Geschäftsgebühr aus Folgesache
Der Anwalt hatte außergerichtlich über Zugewinn verhandelt. Nachdem keine Einigung erzielt werden konnte, wurde der Anspruch auf Zugewinnausgleich als Folgesache im Verbund anhängig gemacht. Das FamG setzt die Werte wie folgt fest: Ehesache 9.000,00 EUR, Versorgungsausgleich 2.700,00 EUR, Güterrecht 30.000,00 EUR.
Angefallen ist jetzt die Geschäftsgebühr aus dem Wert des Zugewinns in Höhe von 30.000,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG). Aus diesem Wert ist die Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung Zugewinn |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
|
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1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
1.121,90 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.141,90 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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216,96 EUR |
Gesamt |
|
1.358,86 EUR |
II. |
Verbundverfahren |
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(Wert: 41.700,00 EUR) |
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|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.414,40 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,65 aus 30.000,00 EUR |
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– 560,95 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.305,60 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.179,05 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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414,02 EUR |
Gesamt |
|
2.593,07 EUR |
d) Anrechnung in Ehe- und Folgesache
Rz. 161
Möglich ist auch, dass sowohl in der Ehesache als auch in einer Folgesache anzurechnen ist.
Beispiel 86: Anrechnung der Geschäftsgebühr aus Ehesache
Wie vorangegangenes Beispiel 84; der Anwalt hatte mit der Gegenseite auch verhandelt, um eine Einigung zum Versorgungsausgleich zu erzielen, jedoch ohne Erfolg.
Angefallen ist jetzt die Geschäftsgebühr aus dem Gesamtwert von 11.700,00 EUR. Sie ist jetzt aus diesem Wert hälftig anzurechnen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung Ehesache und Versorgungsausgleich |
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(Wert: 11.700,00 EUR) |
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1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
785,20 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
805,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
152,99 EUR |
Gesamt |
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958,19 EUR |
II. |
Verbundverfahren |
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(Wert: 11.700,00 EUR) |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 ... |