Rz. 25
Rechtsberaterverträge können Schutzwirkung auch zugunsten anderer Personen haben, die in enger Beziehung zum Mandanten stehen.
Ein zwischen Mandant und Anwalt geschlossener Beratungsvertrag hat – wie der BGH mit Grundsatzurteil vom 21.7.2016 ausgesprochen hat – im allgemeinen keine Schutzwirkungen zugunsten des Vertreters des Mandanten für Vermögenseinbußen des Vertreters, soweit Gegenstand des Anwaltsvertrages die Beratung für Entscheidungen des Mandanten ist und für den Vertreter die Gefahr besteht, auf der Grundlage der anwaltlichen Beratung seinerseits seine ggü. dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen. Die Leistungen des Anwalts weisen in einem solchen Fall weder ein besonderes Näheverhältnis zu den Pflichten des Vertreters auf, noch hat der Mandant – ohne besondere Anhaltspunkte – ein eigenes Interesse an der Einbeziehung seines Vertreters in den Schutzbereich dieses Anwaltsvertrages. Der Schutz des Vertreters vor vermögensrechtlichen Nachteilen, die sich aus dem – begründeten oder unbegründeten – Verdacht einer Pflichtverletzung ggü. dem Mandanten ergeben können, obliegt vielmehr regelmäßig dem Vertreter selbst. Die Entscheidung vom 21.7.2016 hat weitreichende Bedeutung. Sie führt im Bereich des Anwaltsvertrages zu einer deutlichen Einschränkung des Drittschutzes von Nichtmandanten. Die Grundsätze lassen sich auch auf vergleichbare Fallgestaltungen wie etwa ein Handeln des Bürgermeisters ohne die erforderliche Zustimmung des Gemeinderates, des Vorstands einer Aktiengesellschaft ohne den Aufsichtsrat und des Insolvenzverwalters ohne den Gläubigerausschuss, wenn jeweils hierzu eine falsche anwaltliche Beratung vorausging, übertragen. Im Schrifttum ist sie auf überwiegende Zustimmung gestoßen.
Eine GmbH ist in den Schutzbereich eines Anwaltsvertrages mit ihren Gründungsgesellschaftern einbezogen und hat einen eigenen Anspruch gegen den Rechtsanwalt auf Ersatz ihres Schadens, der sich daraus ergibt, dass die Gesellschafter nicht über § 25 HGB belehrt wurden und infolgedessen die GmbH für Altschulden haftet.
Schädigt ein Rechtsanwalt durch schuldhafte Verletzung seiner Vertragspflicht eine GmbH, deren Alleingesellschafter der Mandant ist, kann die Gesellschaft in die Schutzwirkung des Anwaltsvertrages einbezogen sein; in diesem Fall kann der Schaden der Gesellschaft einem Schaden des Gesellschafters gleichstehen.
Beauftragt eine GmbH einen Rechtsanwalt, die für eine Kapitalerhöhung erforderlichen Erklärungen und Beurkundungen vorzubereiten, können die beteiligten (Alt-)Gesellschafter in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages insoweit einbezogen sein, als es um das mit einer verdeckten Sacheinlage verbundene Risiko eines "Doppelzahlungsschadens" geht. Ein Steuerberatervertrag kann Schutzwirkung für Tochtergesellschaften der auftraggebenden Gesellschaft haben.
Ob ein solcher Vertrag mit einer GmbH Schutzwirkung für deren Geschäftsführer hat, war lange Zeit umstritten. Der BGH hat nunmehr anerkannt, dass der Geschäftsführer als Dritter in den Schutzbereich eines Umsatzsteuermandates einbezogen sein kann, welches die GmbH erteilt hat. Nach Maßgabe der allgemeinen Voraussetzungen können die steuerlichen Berater der GmbH deshalb verpflichtet sein, deren Geschäftsführern ihren Schaden aus einer steuerlichen Inhaftungnahme, etwa nach §§ 34, 69 AO, zu ersetzen. Auch für anderweite Fallgestaltungen eines steuerlichen Mandats kann die Einbeziehung des Geschäftsführers und des (Allein-)Gesellschafters in den vertraglichen Schutzbereich in Betracht kommen. Die drittschützenden Pflichten aus einem allgemeinen steuerrechtlichen Beratungsmandat können allerdings nicht weiter reichen als die dem Berater ggü. seiner eigentlichen Vertragspartei obliegenden Warn- und Hinweispflichten. Der Dritte, der selbst keine vertraglichen Beziehungen zu dem Berater hat, kann nicht erwarten, dass dieser ihn über Gefahren und mögliche Risiken aufklärt, auf die er im Rahmen seines allgemeinen Mandats nicht hinzuweisen hat.
In einer Nichtzulassungsentscheidung vom 20.6.2013 hat der BGH den von den Vorinstanzen angenommenen Drittschutz der Hausbank eines Schuldners gebilligt und die Nichtzulassungsbeschwerde des von dem Kreditinstitut auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Steuerberaters zurückgewiesen. Den fehlerhaften, für sie aber günstigen Jahresabschluss, den der Steuerberater, wie auch die Jahre zuvor, erstellt hatte, überlies die GmbH ihrer Hausbank, worauf diese den der GmbH gewährten Kreditrahmen fortführte und aufstockte. Das Berufungsgericht bejahte den Drittschutz anhand der vier Prüfkriterien (Leistungsnähe, berechtigtes Interesse des Vertragsgläubigers am Schutz des Dritten, Erkennbarkeit der Einbeziehung für den Vertragsschuldner, eigenes Schutzbedürfnis des Dritten). Zur Erkennbarkeit wurde ausgeführt, dass sich dies bereits aus dem Umstand ergebe, dass der Jahresabschluss vom Steuerberater auf Anweisung der Gesellschaft unmittelbar an die Hausban...