Rz. 137
Nach dem Wortlaut des § 57a ZVG ist das außerordentliche Kündigungsrecht "unter Einhaltung der gesetzlichen Frist auszuüben" und zwar zum nächst zulässigen Termin. Auszugehen ist hierbei von der Wirksamkeit (§§ 89, 104 ZVG) – nicht Rechtskraft – des Zuschlags. Entscheidend für die Zulässigkeit hinsichtlich des ersten Termins ist allein die tatsächliche – nicht rechnerische – Möglichkeit. An den Begriff des "ersten zulässigen Termins" sind keine überspannten Anforderungen zu stellen, wobei es jedoch Sache des Erstehers ist, die Unmöglichkeit der rechtzeitigen Kündigung nachzuweisen. Hierbei ist dem Ersteher allerdings eine gewisse Überlegungsfrist zu gewähren.
Der Ersteher, der persönlich am Versteigerungstermin nicht teilnimmt, hat durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass er von der Erteilung des Zuschlags unverzüglich Kenntnis erlangt.
Rz. 138
Beispiel
Der Zuschlag wird am 2.6.2014 wirksam. Dies ist der erste Werktag. Der Mieter wohnt in dem zu versteigernden Objekt seit 1970. Die Kündigungsfrist würde normalerweise nach § 573c Abs. 1 BGB 9 Monate betragen. Um das Sonderkündigungsrecht des § 57a ZVG wirksam auszuüben, muss die Kündigung nach herrschender Ansicht spätestens am 3.7.2014 – nachweisbar – zugegangen sein.
Rz. 139
Hinweis
Maßgeblich für das Sonderkündigungsrecht ist zwar der erste gesetzlich zulässige Termin, aber nur, wenn die Kündigung dem Ersteher ohne schuldhaftes Zögern möglich war. Nicht die bloße theoretische Möglichkeit bestimmt den ersten zulässigen Termin, sondern entscheidend ist, ob dem Ersteher die Ausübung des Rechts unter Beachtung der erforderlichen Sorgfalt tatsächlich möglich war. An den Begriff des "ersten zulässigen Termins" sind keine überspannten Anforderungen zu stellen, wobei es jedoch Sache des Erstehers ist, die Unmöglichkeit der rechtzeitigen Kündigung nachzuweisen. Der erste zulässige Termin ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalles derjenige Termin, für den die Kündigung dem Ersteher ohne vorwerfbares Zögern möglich ist. Es kann also auch noch für den später zulässigen Termin gekündigt werden, wenn auch bei Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt die Kündigung zum früheren, theoretisch zulässigen Zeitpunkt nicht mehr möglich war.
Rz. 140
Um jedoch Streitereien hinsichtlich des Kündigungszeitpunktes zu vermeiden, sollte der Anwalt im Auftrag des Erstehers unverzüglich nach Zuschlagserteilung schriftlich die Kündigung aussprechen und diese notfalls durch Boten zustellen lassen. Hierdurch ist auf jeden Fall die Frist gewahrt. Es bleibt dann immer noch beim Ersteher, von der Kündigung durch evtl. Verhandlungen mit dem Mieter Gebrauch zu machen.
Im Einzelnen ist bei den Fristen zu einer außerordentlichen Kündigung zu unterscheiden:
(1) Mietverhältnis über Wohnraum
Rz. 141
Nach § 573d Abs. 2 BGB (Zeitmietvertrag § 575a Abs. 3 BGB) ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.
(2) Mietverhältnis über andere Sachen
Rz. 142
Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, über Räume, die keine Geschäftsräume sind, ist die ordentliche Kündigung nach § 580a BGB zulässig,
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wenn die Miete nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages; |
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wenn die Miete nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche zum Ablauf des folgenden Sonnabends; |
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wenn die Miete nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke jedoch nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahrs. |
Rz. 143
Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig.
Rz. 144
Bei einem unbefristeten Pachtverhältnis über ein Grundstück oder ein Recht ist die Kündigung nur für den Schluss des Pachtjahres zulässig. Sie hat spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll (§ 584a Abs. 2 BGB).