Rz. 31
Neben den allgemeinen (Titel, Klausel, Zustellung) und besonderen (Sicherheitsleistung, Kalendertag, Wartefristen, Zug um Zug Leistung, keine Vollstreckungshindernisse etc.) Vollstreckungsvoraussetzungen, ist bei jedem Antrag auf Zwangsversteigerung zunächst von Amts wegen ein Rechtsschutzbedürfnis zu prüfen. Besteht dieses bis zum Zuschlag nicht (mehr), so muss der Antrag zurückgewiesen werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Versteigerungsverfahren lediglich dazu verwendet wird, um einen sonst wegen eines Vorkaufsrechts gescheiterten Erwerb des Grundstücks zu ermöglichen. In diesem Fall fehlt nämlich das Erfordernis einer notleidenden Forderung, da der Gläubiger mit der Zwangsvollstreckung das Ziel verfolgt, das Grundstück zu erwerben, und eben nicht die Vollstreckung betreibt, um seine Geldforderung zu realisieren. Ebenfalls ist das Rechtsschutzinteresse zu verneinen, wenn die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen die Gewährung von Vollstreckungsschutz wegen Verfristung des Rechtsmittels erfolglos war und dieser bei einem erneuten Antrag auf Zwangsversteigerung keine neuen Tatsachen vorträgt.
Hingegen besteht für den Gläubiger weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis in den Fällen, in denen ein Versteigerungserlös zugunsten des Gläubigers nicht erwartet werden kann. Denn das Verbot der zwecklosen Pfändung nach § 803 Abs. 2 ZPO findet im Zwangsversteigerungsverfahren keine Anwendung, sodass eine Verfahrensaufhebung nicht in Betracht kommt.
Rz. 32
Fraglich ist, ob die Zwangsversteigerung auch wegen einer Bagatellforderung von z.B. 10,00 EUR oder 100,00 EUR betrieben werden darf. Insofern könnte hierbei das verfassungsmäßig garantierte Verhältnismäßigkeitsgebot und Übermaßverbot entgegenstehen. Ebenso das Recht auf Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14 GG.
Rz. 33
Dies erfordert eine Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen. Grundsätzlich hat ein Gläubiger einer geringen Forderung auch das Recht, dieses sehr folgeträchtige Mittel staatlichen Zwangs in Anspruch zu nehmen, zumal der Schuldner durch verschiedene Schutzmechanismen auf Antrag hin zu schützen ist (z.B. §§ 30a ff. ZVG, § 765a ZPO). Von daher ist es auch nicht notwendig, zuvor nachzuweisen, dass Vollstreckungsmaßnahmen in bewegliche Vermögensgegenstände nicht zum Erfolg führen. Dies würde zudem nicht in Einklang mit dem Gesetz stehen. Denn nach § 866 Abs. 2 ZPO darf der Gläubiger mehrere Vollstreckungsmaßregeln nebeneinander wählen; eine bestimmte Reihenfolge sieht das Gesetz nicht vor. Zu Recht hat zudem Keller erkannt, dass auch die Vollstreckung in bewegliche Vermögensgegenstände einen schwerwiegenden Eingriff in das Leben des Schuldners haben kann. So hat beispielsweise die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für den Schuldner zur Folge, dass dieser in die SCHUFA und Schuldnerkartei eingetragen wird, was letztlich eine Kreditunwürdigkeit nach sich zieht.