Rz. 34
Besondere Bedeutung hat die Regelung des § 28 ZVG.
Wird dem Vollstreckungsgericht nämlich ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht (z.B. Dritteigentum), so ist das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen. Im letzteren Fall ist das Verfahren nach dem Ablauf der Frist aufzuheben, wenn nicht inzwischen der Nachweis erbracht ist (§ 28 Abs. 1 ZVG). Unterbleibt die Einstellung bzw. Aufhebung des Verfahrens, so kann dies mittels Erinnerung nach § 766 ZPO gerügt werden.
Rz. 35
Ergibt sich das die Vollstreckung hindernde Recht nicht aus dem Grundbuch bzw. sind dem Gericht keine Mängel bekannt, besteht formell kein Verfahrenshindernis. Der der Versteigerung Widersprechende ist in diesem Fall gehalten, seine Rechte gem. § 771 ZPO mittels Drittwiderspruchsklage vor dem Prozessgericht geltend zu machen. In Eilfällen kann das Vollstreckungsgericht über eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung unter Fristbestimmung entscheiden (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO). Die Vorschrift findet auf das Verfahren zur Teilungsversteigerung insoweit entsprechende Anwendung, als sich das Hindernis für dieses Verfahren als beachtlich erweist.
Rz. 36
Das Verfahren ist ebenfalls aufzuheben bzw. einzustellen, wenn dem Vollstreckungsgericht eine Verfügungsbeschränkung (z.B. Insolvenzeröffnung, Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung) oder ein Vollstreckungsmangel bekannt wird (§ 28 Abs. 2 ZVG).
Praktisch bedeutsam ist dies in den Fällen einer Insolvenzeröffnung. Denn die Eintragung des Insolvenzvermerkes im Grundbuch hat nur deklaratorische Bedeutung, so dass bei Kenntnis des Versteigerungsrechtspflegers vor Grundbucheintragung ein Verfahren nicht mehr angeordnet werden darf.
Rz. 37
In diesem Zusammenhang gilt es ebenfalls die so genannte Rückschlagsperre des § 88 InsO zu beachten. Gemäß § 88 InsO sind im Falle einer Insolvenzeröffnung die Sicherungen automatisch unwirksam, die ein Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) einen Monat vor Antragstellung durch Vollstreckungsmaßnahmen erworben hat. Die Frist beträgt beim Verbraucherinsolvenzverfahren drei Monate (§ 88 Abs. 2 InsO). Dies kann also dazu führen, dass eine bereits angeordnete Zwangsversteigerung wieder aufzuheben ist.
Rz. 38
Hinweis
Insolvenzgläubiger sind diejenigen, die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung einen persönlichen Anspruch gegen den Schuldner haben. Dagegen werden Gläubiger, die eine Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung erwerben, – z.B. Unterhaltsgläubiger wegen laufender Unterhaltsleistungen –, nicht von der Rückschlagsperre erfasst. Gleiches gilt für dinglich gesicherte Gläubiger.
Rz. 39
Da der Gläubiger tatsächlich erst nach einer Verfahrenseröffnung weiß, ob sein bereits erlangtes Beschlagnahme-Pfandrecht wirksam oder unwirksam ist, sollte er bei Kenntnis eines Insolvenzantrags deshalb auf jeden Fall von Verwertungsmaßnahmen Abstand nehmen und abwarten, ob der Gegenstand (Grundstück) vom Insolvenzverwalter freigegeben wird. Ist zum Zeitpunkt der Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter die Zwangssicherungshypothek noch als Buchposition eingetragen, bedarf es keiner Löschung der Zwangshypothek mit anschließender Neueintragung. Die zunächst gemäß § 88 InsO unwirksam gewordene Zwangshypothek entsteht vielmehr entsprechend § 185 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB neu. Insofern bleibt die Nutzbarkeit der alten Buchposition dem Gläubiger im ursprünglichen Rang erhalten. Dies setzt aber voraus, dass mit der Eintragung des Schuldners im Grundbuch und dem Fortbestand des Titels eine Neuanordnung möglich wäre. Insofern müssen auch hier sämtliche Vollstreckungsvoraussetzungen noch vorliegen.
Rz. 40
Die genaue Berechnung der Monatsfrist für die Rückschlagsperre regelt § 139 InsO. Danach ist die Frist bei mehreren Eröffnungsanträgen nach dem ersten zulässigen und begründeten Insolvenzantrag zu bemessen.
Rz. 41
Von § 88 InsO werden alle Vollstreckungsmaßnahmen erfasst, die zwar schon vor Verfahrenseröffnung begonnen, aber noch nicht abgeschlossen sind. Maßgeblicher Zeitpunkt dabei ist das "Erlangen der Sicherung". Das ist bei einer:
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Zwangshypothek die Eintragung ins Grundbuch; |
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Arresthypothek die Antragstellung; |
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Forderungspfändung die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner (§ 829 Abs. 3 ZPO) und Eintragung der Pfändung ins Grundbuch; dies gilt auch im Falle einer Vorpfändung; |
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Immobiliarvollstreckung durch persönliche Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG) entweder die Zustellung des Beschlagnahmebeschlusses an den Schuldner oder der Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt (§§ 22, 151 ZVG). |
Rz. 42
Durch die Beschlagnahmewirkung in unbewegliche Sachen des Schuldners erwirbt der Gläubiger allerdings ein Pfandrecht, wenn er vor der Monatsfrist – (bei Verbraucherinsolvenzverfahren dr...