Rz. 9
In der betrieblichen Praxis werden zur Ermittlung der Eignung eines Bewerbers immer häufiger sog. "Assessment-Center" durchgeführt. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ggf. an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen mehrere Bewerber in Gruppenarbeit eine oder mehrere Aufgaben im Beisein mehrerer Beurteiler zu lösen haben (vgl. Hunold, DB 1993, 224, 228).
Rz. 10
Nachdem bisher keinerlei Regelungen zur Durchführung dieser Assessment-Center bestanden, versucht die bereits im Jahr 2002 veröffentlichte und zwischenzeitlich häufig angewandte DIN 33430 einen bestimmten Qualitätsstandard und den Schutz der Testpersonen sicherzustellen. Gegenstand der DIN 33430 ist der gesamte Prozess der Eignungsbeurteilung, der als eine Einheit angesehen wird; die DIN 33430 ist eine Prozess- und keine Produktnorm. Die Norm thematisiert daher nicht nur die Qualität von Verfahren (wie z.B. Tests), sondern sie umfasst auch Festlegungen und Leitsätze für deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen (DIN 33430, S. 3 f.). Sie bezieht sich auf die Planung von berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen, die Auswahl, Zusammenstellung, Durchführung und Auswertung von Verfahren sowie auf die Interpretation der Verfahrensergebnisse und die Urteilsbildung. Außerdem formuliert sie Anforderungen an die Qualifikation der an der Eignungsbeurteilung beteiligten Personen. Für die genannten Bereiche werden Standards der zur Zielerreichung (Eignungsbeurteilung) erforderlichen Sorgfalt des Verhaltens und der Kenntnisgewinnung formuliert, wobei der jeweilige Auftrag und die Rahmenbedingungen simultan zu betrachten sind. Durch die Festlegungen und Leitsätze ergeben sich indirekt auch Hinweise für die sach- und fachgerechte Entwicklung von Verfahren. Verpflichtend ist die DIN nicht.
Auch für die Durchführung eines Assessment-Centers stellt sich die Frage nach der individualrechtlichen Zulässigkeit und den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates.
I. Individualrechtliche Zulässigkeit
Rz. 11
Aufgrund des Testcharakters eines Assessment-Centers gilt hinsichtlich der individualrechtlichen Zulässigkeit das Gleiche wie bei den psychologischen Eignungstests, d.h. der Bewerber muss nach vorheriger Information über den Verlauf des Testverfahrens seine Einwilligung erteilt haben, und die Fragen müssen einen Bezug zu der vorgesehenen Arbeitsstelle haben (vgl. Schönfeld/Gennen, NZA 1989, 543, 544).
II. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Rz. 12
Auch hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Durchführung von Assessment-Center gilt entsprechend der obigen Ausführungen zu den psychologischen Eignungstests, dass im Fall der schriftlichen Fixierung der Ergebnisse des Assessment-Centers das Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 1 BetrVG gegeben ist. Sofern die Leistungsbeurteilung der Bewerber aufgrund eines verobjektivierbaren und einheitlichen Maßstabes erfolgt, was in der Praxis zumeist nicht der Fall ist, besteht auch das Mitbestimmungsrecht gem. § 94 Abs. 2 BetrVG. Sofern der Arbeitgeber darüber hinaus bei seiner Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers neben den Ergebnissen des Assessment-Centers auch andere Erkenntnisquellen mit einbezieht, scheidet ein Mitbestimmungsrecht nach § 95 Abs. 1 BetrVG aus (vgl. Hunold, DB 1993, 224).